Wegweiser zur Geschichte: Afghanistan - MgFa
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I. Historische Entwicklungen<br />
scheiden sich in verschiedenen Landesteilen grundlegend. Etwa<br />
70 Prozent der bekannten Zwischenfälle entfallen auf nur zehn<br />
Prozent der insgesamt fast 400 afghanischen Distrikte. Schwerpunkte<br />
sind die Gebiete im südlichen und östlichen Verlauf der<br />
Ringstraße sowie anderer wichtiger Nachschubrouten. Nahm die<br />
Anzahl der Übergriffe im RC North in Kundus und Faryab zu,<br />
ging sie 2008 in anderen Provinzen des Nordens <strong>zur</strong>ück. Dabei<br />
ist das individuelle Gefühl von »Sicherheit« oder »Unsicherheit«<br />
subjektiv, das Empfinden des Einzelnen kann sich deutlich von<br />
den Ergebnissen militärischer Analysen unterscheiden, und entsprechende<br />
Aussagen stehen stets auch im Zusammenhang mit<br />
Gesprächssituation und -partner: 76 Prozent der Afghanen, die<br />
Wissenschaler der Freien Universität Berlin beispielsweise in<br />
Kundus, Tachar, Baghlan und Badachschan befragten, gaben an,<br />
die Sicherheitslage habe sich dort in den vergangenen zwei Jahren<br />
stark verbessert (Ergebnisse veröffentlicht im Februar 2008).<br />
Die afghanische Regierung und die Internationale Gemeinscha<br />
sehen sich nicht einem flächendeckend strukturierten, abgestimmt<br />
operierenden Gegner, sondern vielmehr einer Vielzahl<br />
sich permanent verändernder Interessengruppen gegenüber.<br />
Diese umfassen vielfältige soziale und (schaen-)wirtschaliche<br />
Strukturen, Milieus und Akteure, die zeitweise und punktuell<br />
gemeinsame Interessen verfolgen, um sich wenig später gegenseitig<br />
zu bekämpfen (vgl. den Beitrag von Rainer Glassner <strong>zur</strong><br />
Herrscha in der Provinz).<br />
Versucht man die gewaltbereite Opposition zu strukturieren,<br />
so speist sich der Widerstand aus zwei Bereichen. Im Sprachgebrauch<br />
der ISAF sind dies erstens die bewaffneten Aufständischen<br />
der OMF. Sie lehnen die Regierung in Kabul kategorisch ab und<br />
bekämpfen sie mit militärischen wie auch terroristischen Mieln.<br />
Zweitens zählen <strong>zur</strong> Opposition Personen und Gruppen »illegaler<br />
Parallelstrukturen«, die zum Teil mit staatlichen Amtsträgern aber<br />
auch mit den OMF kooperieren. Die Existenz zumindest schwacher<br />
Staatlichkeit liegt allerdings in ihrem Interesse, weil das in<br />
<strong>Afghanistan</strong> bestehende administrative System insgesamt gute<br />
Rahmenbedingungen für die Verfolgung eigener Ziele bietet.<br />
Hinter den »illegalen Parallelstrukturen«, die in <strong>Afghanistan</strong><br />
selbst Regierung und staatliche Verwaltung durchdringen,<br />
stehen Akteure wie Stammes- und Clanchefs oder Dorfälteste.<br />
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