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Wegweiser zur Geschichte: Afghanistan - MgFa

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II. Strukturen und Lebenswelten<br />

schen Stämmen und von Bevölkerungsgruppen wie Hasara<br />

oder Usbeken schwerlich als Herrscher über ein »<strong>Afghanistan</strong>«<br />

anerkannt worden. Im Verlauf der <strong>Geschichte</strong> entstand ein kompliziertes<br />

und instabiles System, in dem die Stammesführer auf<br />

lokalen, regionalen und landesweiten Versammlungen (Dschirgas)<br />

um Macht und Einfluss strien.<br />

Die Stammesordnung hat auch heute noch vor allem in den<br />

paschtunischen Regionen des südöstlichen <strong>Afghanistan</strong>s eine<br />

politische Bedeutung für die Menschen und eine Entsprechung<br />

in den ökonomischen Lebensumständen der unzugänglichen<br />

Gebiete. Das sehr ausgeprägte Streben der einzelnen Provinzen<br />

und der fern von der Hauptstadt gelegenen Städte wie Masar-e<br />

Scharif, Herat, Kandahar oder Dschalalabad nach Wahrung der<br />

Unabhängigkeit blieb bis in unsere Zeit erhalten. Heute noch repräsentiert<br />

der Regierungssitz den »Staat«, das ländliche <strong>Afghanistan</strong><br />

dagegen die »Gemeinscha«. Kabul, seit 1773 Hauptstadt<br />

des afghanisch-paschtunischen Durrani-Reiches, spiegelte das<br />

Ferne, Feindliche wider, die lokalen Gemeinschaen hingegen<br />

stellten das Eigene, das Vertraute dar. Die Afghanen entwickelten<br />

erst spät ein nationales Bewusstsein. Der Grund für diese<br />

Struktur sind die naturräumlichen Gegebenheiten: <strong>Afghanistan</strong>s<br />

Geografie stand der Staatenbildung stets entgegen (vgl. den Beitrag<br />

von Hermann Kreutzmann).<br />

140<br />

Politische Führerscha und Stammesordnung<br />

Wer durch <strong>Afghanistan</strong> reist, entdeckt die Vielfalt und Abgeschlossenheit<br />

der Landschaen. Daran angepasst waren immer<br />

schon die Wirtschasformen und die soziale Ordnung der Menschen,<br />

die diese Landschaen bewohnten. Extreme Jahreszeiten<br />

im Hochgebirge fordern den Bewohnern Flexibilität ab. Antworten<br />

darauf sind nomadische Lebensformen und ein hohes Maß an<br />

Eigenverantwortlichkeit der Einzelnen (Männer) bei gleichzeitig<br />

strengster Verpflichtung gegenüber der Verwandtschasgruppe.<br />

Die Form der politischen Führerscha ist entsprechend flexibel<br />

und in manchen Regionen in eine Stammesordnung eingebettet,<br />

die saisonal bedingte Veränderungen der Gruppen erlaubt.<br />

Diese politische Ordnung steht staatlichen Strukturen entgegen.

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