Wegweiser zur Geschichte: Afghanistan - MgFa
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II. Strukturen und Lebenswelten<br />
zeit ist das örtliche Netz von Verwandtschas- und Klientelbeziehungen<br />
in sich jedoch meist nicht mehr vollständig auf sich bezogen und<br />
von der Außenwelt abgeschnien. Vielmehr unterhalten Dorewohner<br />
inzwischen landesweit und international Verbindungen durch<br />
saisonale und längerfristige Arbeitsmigration einzelner Familienmitglieder,<br />
so etwa in den Iran und nach Pakistan. Vertreibung und Exil<br />
während der Kriegsjahre sowie Landflucht in die Städte haben gleichfalls<br />
<strong>zur</strong> Aufweichung dörflicher Strukturen beigetragen.<br />
Die zu ca. 80 Prozent auf dem Land lebende Bevölkerung <strong>Afghanistan</strong>s<br />
ist im Laufe des 20. Jahrhunderts stark gewachsen. In Oasenlandschaen<br />
wie in der Umgebung von Kundus beispielsweise hat dies<br />
zu einer weiträumigen Ansiedlung und späteren Zersiedlung entlang<br />
von Bewässerungskanälen geführt. In gebirgigeren Zonen ließen sich<br />
Dörfer allerdings nicht unbegrenzt ausweiten. Aus diesem Grund<br />
gibt es heute in den Vor- und Hochgebirgsregionen Nordafghanistans<br />
klar erkennbare und naturräumlich abgegrenzte Siedlungsstrukturen,<br />
also Ortschaen mit eigener Tradition, die bereits in der Vergangenheit<br />
als Dörfer mit einem bestimmten Namen und einer Moschee<br />
bekannt waren. In den Oasengebieten findet man hingegen Ortsteile<br />
und »neue« Dörfer dort, wo im Verlauf der letzten Jahrzehnte mehrere<br />
Familien Höfe, Häuser und schließlich eine Moschee errichtet haben.<br />
Diese Orte sind in keiner Statistik verzeichnet. Während der sowjetischen<br />
Besatzung und des Bürgerkrieges wurden zahlreiche Siedlungen<br />
verwüstet und von den Einwohnern aufgegeben. Auch hierüber<br />
existieren meist keine Aufzeichnungen.<br />
Die Benennung von Ansiedlungen wechselt häufig mit dem Verschwinden<br />
der jeweiligen Namenspatrone, o regionale Führer wie<br />
Mudschaheddin-Kommandeure, Mullahs oder Dorfälteste. Die Lokalverwaltungen<br />
auf Distriktebene registrieren solche Veränderungen<br />
nicht einmal. Wer ihre Auflistungen über Dörfer und Gemeinden benutzt,<br />
die sich kaum jemals auf aktuellem Stand befinden, wird nach<br />
vielen der dort verzeichneten Ortschaen vergeblich suchen.<br />
Kleinbauern und Landlosen Darlehen auf eine zukünige Ernte,<br />
wobei die Tilgung der Schulden mit dem vergleichsweise risikofreien<br />
Anbau und Verkauf von Opium am aussichtsreichsten<br />
ist. Arbeitskräe gibt es aufgrund der verbreiteten Armut und<br />
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