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Bericht der Kommission »Familie und demographischer Wandel

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Als kleinster »Sozialverband« verdanken sie<br />

ihre Freiheit dem Gr<strong>und</strong>satz <strong>der</strong> Subsidiarität,<br />

fühlen sich personaler Solidarität verpflichtet,<br />

bauen auf Netzwerken auf <strong>und</strong><br />

sind mit <strong>der</strong> kommunalen Ebene verb<strong>und</strong>en,<br />

an <strong>der</strong>en verfassungsrechtlich geschützter<br />

Selbständigkeit sie teilhaben. Alle vier Kriterien<br />

– Subsidiarität, personale Solidarität,<br />

Netzwerke <strong>und</strong> kommunale Ebene – definieren<br />

nicht nur den Gestaltungs- <strong>und</strong> Wirkungsrahmen<br />

<strong>der</strong> kleinen Lebenskreise <strong>und</strong><br />

<strong>der</strong> in ihnen wirkenden Familien. Sie schützen<br />

sie zugleich vor den Ansprüchen zentraler<br />

sozialpolitischer Strukturen, ihre<br />

Zuständigkeiten auch auf die Lebensbereiche<br />

auszudehnen, die nach dem Prinzip <strong>der</strong><br />

Subsidiarität <strong>und</strong> <strong>der</strong> Gemeindeautonomie<br />

den kleinen Lebenskreisen vorbehalten sein<br />

sollten.<br />

Es ist wohl kein Zufall, dass sich diese Entwicklungen<br />

in einer Zeit vollziehen, in <strong>der</strong><br />

die Auswirkungen des demographischen<br />

<strong>Wandel</strong>s <strong>der</strong> Bevölkerung zunehmend<br />

bewusst werden. Die sozialstaatlichen Einrichtungen<br />

stoßen an die Grenzen ihrer<br />

Leistungsfähigkeit. Maßnahmen staatlicher<br />

Sozialpolitik können ihrer notwendigen<br />

Standardisierung wegen <strong>der</strong> Vielfalt <strong>der</strong><br />

Lebenssachverhalte immer weniger gerecht<br />

werden. Zudem wächst die Einsicht, dass<br />

staatliche Institutionen nur im begrenzten<br />

Umfang in <strong>der</strong> Lage sind, den Wünschen<br />

<strong>und</strong> Erwartungen <strong>der</strong> Menschen nach<br />

Gemeinsamkeit, familiärer Geborgenheit<br />

<strong>und</strong> Freiheit vor Bevorm<strong>und</strong>ung zu entsprechen.<br />

Zwar wünscht sich die Mehrheit <strong>der</strong><br />

Bevölkerung in Deutschland den umfassenden<br />

Sozialstaat. Aber zugleich wächst ihr<br />

Wi<strong>der</strong>stand gegen die bürokratischen<br />

Erscheinungsformen, in denen er handelt<br />

<strong>und</strong> schon aus Gründen <strong>der</strong> Gleichbehandlung<br />

genormter Sachverhalte auch nur<br />

handeln kann.<br />

Eine wohlhabende Gesellschaft zeichnet<br />

sich in <strong>der</strong> Regel durch eine hochentwickelte<br />

Vielfalt <strong>der</strong> Lebensverhältnisse, <strong>der</strong><br />

Bedürfnisse <strong>und</strong> Ziele ihrer Bürger <strong>und</strong> eine<br />

hohe Pluralität <strong>der</strong> Lebensentwürfe aus.<br />

Mit <strong>der</strong> Vielfalt <strong>der</strong> Lebenssachverhalte vermehrt<br />

sich auch die Vielfalt sozialer Bedürfnisse,<br />

die nach Befriedigung verlangen,<br />

denen die staatlichen Sozialsysteme jedoch<br />

ohne Verletzung ihrer Bindung an Recht<br />

<strong>und</strong> Gesetz nicht adäquat entsprechen können.<br />

Der Sozialstaat <strong>und</strong> seine Institutionen<br />

können als Folge <strong>der</strong> notwendigen Standardisierung<br />

ihrer Leistungen <strong>der</strong>artige Bedürfnisse<br />

nur unter Verweigerung ihrer Individualisierung<br />

wirklich erfüllen. Ein eindrucksvolles<br />

Beispiel liefert die Gr<strong>und</strong>sicherung<br />

für Arbeitsuchende (Hartz IV), die einheitliche,<br />

für ganz Deutschland gültige För<strong>der</strong>leistungen<br />

auf höchst unterschiedliche<br />

Lebenslagen <strong>und</strong> Bedürftigkeiten anwendet<br />

<strong>und</strong> damit eine Welle von Gerichtsverfahren<br />

auslöst, mit denen die Betroffenen sachgerechtere<br />

Entscheidungen anstreben.<br />

Schon deshalb kann eine wohlhabende<br />

Gesellschaft die Ausgestaltung ihrer individuellen<br />

<strong>und</strong> gesellschaftlichen Vielfalt,<br />

soweit es um ihre sozial- <strong>und</strong> familienpolitischen<br />

Aufgaben geht, nicht allein zentralistischen<br />

Strukturen <strong>und</strong> einer zentralen<br />

Gesetzgebung <strong>und</strong> Verwaltung anvertrauen.<br />

Ihre Zentralregierung muss sich vielmehr<br />

auf die Regelung <strong>der</strong>jenigen Sachverhalte<br />

beschränken, die ohne Beschädigung <strong>der</strong><br />

gelebten Vielfalt einheitlich geregelt werden<br />

können. Eine Gr<strong>und</strong>sicherung im Alter <strong>und</strong><br />

<strong>der</strong> Gedanke eines Gr<strong>und</strong>einkommens für<br />

je<strong>der</strong>mann gehören in diesen Zusammenhang.<br />

Je vielfältiger sich die Lebensführung <strong>der</strong><br />

Bürger auf einer <strong>der</strong>artigen Gr<strong>und</strong>lagensicherheit<br />

gestaltet, umso wichtiger ist es<br />

für die gedeihliche Entwicklung des<br />

Gemeinwesens, notwendige Regelungen<br />

dort anzusiedeln, wo sie den geregelten<br />

Sachverhalten am nächsten sind: in unserem<br />

Zusammenhang also auf <strong>der</strong> kommunalen<br />

Ebene.

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