06.03.2013 Aufrufe

Bericht der Kommission »Familie und demographischer Wandel

Bericht der Kommission »Familie und demographischer Wandel

Bericht der Kommission »Familie und demographischer Wandel

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

12 13 I. Die Bedeutung <strong>der</strong> kleinen Lebenskreise<br />

Dies gilt insbeson<strong>der</strong>e dann, wenn es sich<br />

um Entwicklungen handelt, die neu sind<br />

o<strong>der</strong> sich schnell verän<strong>der</strong>n. Für ihre rechtliche<br />

<strong>und</strong> politische Ordnung gibt es noch<br />

keine o<strong>der</strong> nur sehr geringe Erfahrungen,<br />

auf die sich nachhaltige Ordnungsbemühungen<br />

stützen können. Nimmt man die Kriegs<strong>und</strong><br />

unmittelbare Nachkriegszeit aus, dann<br />

lässt sich kaum eine Periode in <strong>der</strong> jüngeren<br />

europäischen Geschichte ausmachen, in<br />

<strong>der</strong> sich Verän<strong>der</strong>ungen individueller <strong>und</strong><br />

gesellschaftlicher Wertvorstellungen,<br />

Gewohnheiten <strong>und</strong> Verhaltensmuster<br />

schneller vollzogen haben als seit <strong>der</strong> Mitte<br />

<strong>der</strong> 1970er Jahre, also praktisch innerhalb<br />

einer Generation. In dieser Zeit vollziehen<br />

sich Umbrüche, die insgesamt gesehen revolutionäre<br />

Ausmaße erreichen, <strong>der</strong>en Ende<br />

nicht abzusehen ist <strong>und</strong> die durch die<br />

gegenwärtige globale Finanz- <strong>und</strong> Wirtschaftskrise<br />

weiter verstärkt werden.<br />

Zwar erhöht sich <strong>der</strong> Lebensstandard <strong>der</strong><br />

Bevölkerung in bisher unbekanntem<br />

Umfang. Die staatlichen Sozialsysteme<br />

garantieren umfassende soziale Sicherheit.<br />

Aber auch die Risiken nehmen zu. Die<br />

Arbeitsmärkte verän<strong>der</strong>n sich tiefgreifend.<br />

Die Angebote auf den Märkten für Güter<br />

<strong>und</strong> Dienstleistungen vermehren sich exponentiell<br />

<strong>und</strong> mit ihnen <strong>der</strong> Umfang <strong>der</strong><br />

angebotenen Optionen. Ihre Begrenzungen<br />

durch die drohende Ausbeutung <strong>der</strong> Erde<br />

werden sichtbar <strong>und</strong> zunehmend wirksam.<br />

Die noch immer fortdauernde Revolution<br />

<strong>der</strong> Kommunikationstechnologie führt zu<br />

neuen Formen <strong>der</strong> Information <strong>und</strong> Wissensvermittlung<br />

<strong>und</strong> einer praktischen Entgrenzung<br />

ihrer Verfügbarkeiten. Unsere<br />

Bevölkerung altert <strong>und</strong> verän<strong>der</strong>t ihre<br />

demographische Struktur, nicht zuletzt als<br />

Folge einer lange als Wirklichkeit verdrängten<br />

Einwan<strong>der</strong>ung. Die Globalisierung stellt<br />

unsere westliche Sicht <strong>der</strong> Dinge in Frage<br />

<strong>und</strong> führt zu bisher nicht akzeptierten<br />

Begrenzungen unserer »berechtigten«<br />

Ansprüche. Nicht zuletzt verän<strong>der</strong>n sich<br />

damit auch die konkreten Wahrnehmungen<br />

<strong>und</strong> Ausprägungen unserer allgemeinen<br />

Wertvorstellungen.<br />

Wir erleben eine ständige Verän<strong>der</strong>ung<br />

unserer Lebensverhältnisse <strong>und</strong> Zukunftsperspektiven,<br />

für <strong>der</strong>en Bewältigung geeignete<br />

<strong>und</strong> erprobte Strukturen noch nicht<br />

zur Verfügung stehen. Das führt zu wachsen<strong>der</strong><br />

Verunsicherung, die durch die Wirtschaftskrise<br />

weiter verstärkt wird. Betroffen<br />

sind vor allem die Familien. In ihnen wird<br />

wesentlich über unser aller Lebensqualität<br />

<strong>und</strong> Zukunft entschieden. Sie tragen damit<br />

eine Verantwortung, <strong>der</strong>en Last ihnen <strong>der</strong><br />

Staat <strong>und</strong> die Zivilgesellschaft zwar erleichtern,<br />

aber nicht abnehmen können. Entsprochen<br />

wird <strong>der</strong> Verantwortung letztlich in<br />

<strong>der</strong> Freiheit <strong>der</strong> kleinen Lebenskreise.<br />

Was bedeutet das für die staatlichen Institutionen,<br />

für B<strong>und</strong> <strong>und</strong> Län<strong>der</strong>, für unser<br />

Gemeinwesen <strong>und</strong> die Zivilgesellschaft? Sie<br />

können den Verän<strong>der</strong>ungen nur dann intelligent<br />

entsprechen, wenn sie bereit sind,<br />

ihre Wirklichkeit zu akzeptieren, ihre<br />

Bedeutung zu erkennen, zu ihren Folgen die<br />

richtigen Fragen zu stellen, nach Antworten<br />

zu suchen <strong>und</strong> sie auch zu erproben, ohne<br />

sich von bestehenden Denk- <strong>und</strong> Strukturbesitzständen<br />

daran hin<strong>der</strong>n zu lassen.<br />

Unter solchen Bedingungen sind zentrale<br />

Entscheidungen nur in sehr begrenztem<br />

Umfang geeignet, nachhaltig gültige Antworten<br />

zu geben. Fehlende Erfahrungen mit<br />

neuen Wirklichkeiten verlangen nach vorläufigen<br />

Antworten. Antworten, die sich im<br />

Laufe ihrer Erprobung korrigieren lassen,<br />

ohne die Instabilität des Ganzen zu riskieren.<br />

Endgültige Antworten haben die Tendenz,<br />

auf ihrer Gültigkeit zu bestehen, auch<br />

wenn sie sich als falsch erweisen. Zentrale<br />

Antworten, die fast immer durch Gesetze<br />

gegeben werden, sind ihrem Anspruch nach<br />

endgültige Antworten. Sie verhin<strong>der</strong>n die<br />

Erprobung von Alternativen. Sie lassen sich<br />

deshalb auch nur schwer <strong>und</strong> in <strong>der</strong> Regel<br />

erst dann korrigieren, wenn die Beweise<br />

gegen ihre Tauglichkeit erdrückend gewor-

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!