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Bericht der Kommission »Familie und demographischer Wandel

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72 73 IV. Kindeswohl <strong>und</strong> Wohl <strong>der</strong> Älteren<br />

Informationen über die kindliche Entwicklung<br />

so zusammenzustellen, dass sich<br />

daraus klare Handlungsempfehlungen für<br />

die einzelnen Organisationen ergeben <strong>und</strong><br />

gleichzeitig Strategien ableiten lassen, wie<br />

die Ämter hier besser zusammenarbeiten<br />

können. Das ist kein spezifisch deutsches<br />

Problem, son<strong>der</strong>n nach Einschätzung <strong>der</strong><br />

amerikanischen Akademie <strong>der</strong> Wissenschaft<br />

auch eines <strong>der</strong> zentralen Probleme<br />

<strong>der</strong> amerikanischen Politik für Kin<strong>der</strong> <strong>und</strong><br />

Familien.<br />

Eine solche Politik definiert das Kindeswohl<br />

als Handlungsprinzip für die kommunale<br />

Familienpolitik. Sie kann deshalb mit den<br />

Entwicklungen einer ausdifferenzierten,<br />

pluralen Gesellschaft, mit heterogenen<br />

Lebensformen <strong>und</strong> unterschiedlichen kulturellen<br />

Hintergründen viel besser umgehen<br />

als eine Politik, die in verschiedenen Gebieten<br />

separat Standards definiert <strong>und</strong> diese<br />

einzeln durchzusetzen versucht, ohne integrativ<br />

aufeinan<strong>der</strong> Bezug zu nehmen. Denn<br />

die Definition des Kindeswohls ist zwar in<br />

Bezug auf die Entwicklungsdimensionen des<br />

Kindes überall gleich, so dass sich das<br />

gemeinsame Ziel einer kommunalen Familienpolitik<br />

b<strong>und</strong>esweit nicht unterscheiden<br />

muss. Aber die konkreten Lebensbedingungen<br />

innerhalb <strong>der</strong> einzelnen Regionen,<br />

Kommunen <strong>und</strong> Gemeinden sind höchst<br />

variabel. Ihnen können dann die konkreten<br />

individuellen Leistungen <strong>und</strong> Maßnahmen<br />

in den jeweiligen Kommunen <strong>und</strong> Regionen<br />

durch höchst unterschiedliche Ausgestaltung<br />

entsprechen.<br />

Im Berliner Bezirk Neukölln mit einem<br />

hohen Anteil von Kin<strong>der</strong>n mit Migrationshintergr<strong>und</strong><br />

<strong>und</strong> einer hohen Siedlungsdichte<br />

sind die Bewegungsmöglichkeiten<br />

von Kin<strong>der</strong>n stärker eingeschränkt als etwa<br />

im Bezirk Köpenick mit vielen Grünflächen.<br />

Wenn Neukölln das Kindeswohl als Maßstab<br />

seiner kommunalen Familienpolitik interpretiert,<br />

wird man dort eine Fülle von Strategien<br />

entwickeln, die Kin<strong>der</strong>n mit Migrati-<br />

onshintergr<strong>und</strong> die Teilhabe am Bildungssystem<br />

auch dadurch ermöglichen, dass ihre<br />

Eltern, die selbst noch nicht in die deutsche<br />

Gesellschaft integriert sind, einen Weg<br />

sehen, an dieser Gesellschaft doch stärker<br />

teilzuhaben als bisher. Das Modell <strong>der</strong> Neuköllner<br />

Stadtteilmütter stellt nur eine Möglichkeit<br />

für solche Angebote <strong>der</strong> stärkeren<br />

Teilhabe gerade auch an die Eltern dar. Ein<br />

weiteres Instrument sind die Lesepatenschaften,<br />

die verdeutlichen, dass die Gesellschaft<br />

das Wohl <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> nach diesen<br />

Überlegungen beson<strong>der</strong>s ernst nimmt. Auch<br />

<strong>der</strong> Aufbau des sogenannten »Campus Rütli«<br />

in Neukölln zeigt, wie sich im Stadtteil Orte<br />

<strong>und</strong> Angebote für Kin<strong>der</strong> <strong>und</strong> Jugendliche<br />

schaffen lassen, die nicht nur Bildung anbieten,<br />

son<strong>der</strong>n auch die Möglichkeit, sich körperlich<br />

zu entwickeln <strong>und</strong> Aktivitäten zu<br />

entfalten, die nicht primär dem schulischen<br />

Kontext zuzurechnen sind, aber für die Teilhabe<br />

an <strong>der</strong> Gesellschaft von großer Wichtigkeit<br />

sein können.<br />

Inzwischen gibt es in Deutschland, wie die<br />

Recherchen <strong>der</strong> Prognos AG <strong>und</strong> an<strong>der</strong>er<br />

zeigen, eine Fülle von ganz unterschiedlichen<br />

<strong>und</strong> heterogenen Strategien, die kommunalen<br />

Beson<strong>der</strong>heiten in eine entsprechende<br />

Angebotsstruktur zu übersetzen.<br />

Allerdings fehlt bis heute eine gr<strong>und</strong>legende<br />

Verständigung darüber, dass trotz aller<br />

Heterogenität <strong>der</strong> Lebensbedingungen <strong>und</strong><br />

Lebensverhältnisse in <strong>der</strong> unmittelbaren<br />

Umwelt <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> das Kindeswohl mit seinen<br />

unterschiedlichen Dimensionen den<br />

Maßstab gesellschaftlichen Bürgerengagements<br />

auf kommunaler Ebene bilden muss.<br />

Stuttgart <strong>und</strong> Hannover haben ähnlich wie<br />

auch an<strong>der</strong>e Kommunen in diesem Kontext<br />

integrative Programme entwickelt. In solchen<br />

großen Kommunen ist das in <strong>der</strong> Regel<br />

möglich, weil hier <strong>der</strong> politische Wille, eine<br />

hinreichend ausgeprägte Zivilgesellschaft<br />

<strong>und</strong> die notwendige professionelle Infrastruktur<br />

zusammenkommen. Schwieriger<br />

scheint zumindest gegenwärtig die Situation<br />

in den ländlichen Gemeinden, Kreisen <strong>und</strong>

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