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Bericht der Kommission »Familie und demographischer Wandel

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sehr unterschiedlichen Herausfor<strong>der</strong>ungen<br />

erreicht werden kann (Robert Bosch Stiftung<br />

2008).<br />

Hier stellt sich die Frage, ob die Tatsache,<br />

dass sich gerade beruflich etablierte Mütter<br />

vermehrt für Kin<strong>der</strong> entscheiden, es notwendig<br />

macht, dass im Vorschulbereich besser<br />

qualifizierte <strong>und</strong> möglicherweise durchaus<br />

ältere Pädagoginnen tätig sind. Eine<br />

Finanzinspektorin mit 33 o<strong>der</strong> 35 Jahren,<br />

die beruflich selbst an<strong>der</strong>e junge Frauen im<br />

Alter <strong>der</strong> Erzieherinnen ausbildet <strong>und</strong> die<br />

gelernt hat, mit schwierigen Situationen in<br />

Steuerstreitfällen umzugehen, braucht für<br />

die Betreuung ihrer Kin<strong>der</strong> ein Gegenüber,<br />

dem sie Vertrauen, Achtung <strong>und</strong> auch<br />

Erfahrung zubilligt. Das wird nicht unbedingt<br />

die 22-jährige kin<strong>der</strong>lose Erzieherin<br />

sein, so dass möglicherweise gerade bei<br />

qualifizierten Frauen die Tendenz entsteht,<br />

die eigenen Kin<strong>der</strong> privat betreuen zu lassen,<br />

um den Prozess <strong>der</strong> kindlichen Entwicklung<br />

<strong>und</strong> Erziehung besser zu kontrollieren.<br />

Inzwischen liegt eine immense internationale<br />

Forschungsdiskussion zu <strong>der</strong> Tatsache<br />

vor, dass gerade die hoch qualifizierten<br />

Frauen ihre Kin<strong>der</strong> in dieser Form betreuen<br />

lassen. In Deutschland gibt es dazu keine<br />

verlässlichen Zahlen, aber für die USA<br />

schätzt Arlie Hochschild (Ehrenreich/Hochschild<br />

2004) etwa 800.000 Philippinas in<br />

<strong>der</strong> kindlichen Kin<strong>der</strong>betreuung. Es stellt<br />

sich die Frage, ob diese Entwicklung möglicherweise<br />

in Deutschland auch zu erwarten<br />

ist, wenn die öffentlichen Betreuungseinrichtungen<br />

im Vorschulbereich nicht auf<br />

einem qualitativ so hohen Standard sind,<br />

dass sie von allen gesellschaftlichen Gruppen<br />

in gleicher Weise akzeptiert werden<br />

können. Denn die Einbeziehung dieser Kin<strong>der</strong><br />

<strong>und</strong> ihrer Mütter in die öffentliche Kin<strong>der</strong>betreuung<br />

ist schon wegen <strong>der</strong> sozialen<br />

Mischung sinnvoll, damit sich nicht Tendenzen<br />

wie heute bereits in manchen Städten<br />

im Schulbereich auch im Vorschulbereich<br />

durchsetzen.<br />

Das gilt vor allem für die großen Zentren,<br />

wo durch das Verhalten vieler junger Eltern,<br />

sich aus bestimmten Bezirken <strong>der</strong> großen<br />

Städte zurückzuziehen <strong>und</strong> ins Umland zu<br />

wan<strong>der</strong>n, Segregation stattfindet <strong>und</strong><br />

dadurch Formen <strong>der</strong> sozialen Durchmischung<br />

<strong>der</strong> Gesellschaft zunehmend in<br />

Frage gestellt sind. Um solche Prozesse aus<br />

<strong>der</strong> Sicht <strong>der</strong> Kommunen einigermaßen<br />

positiv zu beeinflussen, reicht es nicht aus,<br />

das Betreuungsangebot flächendeckend vorzuhalten,<br />

son<strong>der</strong>n es ist geradezu zwingend,<br />

dafür Sorge zu tragen, dass die Angebote so<br />

gut qualifiziert, so gut ausgestattet <strong>und</strong><br />

öffentlich so angesehen sind, dass alle<br />

Eltern das Gefühl haben, dass ihre Kin<strong>der</strong><br />

hier richtig untergebracht sind.<br />

In einer demokratischen Gesellschaft kann<br />

je<strong>der</strong> Einzelne über den Wohnort für sich<br />

<strong>und</strong> seine Familie entscheiden. Elterliche<br />

Entscheidungen werden stark davon<br />

geprägt, wo sie beson<strong>der</strong>s gute Lebenschancen<br />

für ihre Kin<strong>der</strong> vermuten. Beim<br />

Wohnumfeld können die großen Städte in<br />

<strong>der</strong> Regel mit den ländlichen Regionen im<br />

Umland nicht konkurrieren. Die inzwischen<br />

relativ gute Verkehrsinfrastruktur lässt<br />

auch größere Entfernungen selbst im<br />

öffentlichen Personennahverkehr schrumpfen.<br />

Konkurrieren können die Städte mit<br />

den wachsenden ländlichen Regionen im<br />

Umland daher nur, wenn sie mit überdurchschnittlich<br />

guten Angeboten für das<br />

Vorschul- <strong>und</strong> Schulalter die Gewissheit<br />

vermitteln, alles daranzusetzen, den Kin<strong>der</strong>n<br />

Lebenschancen zu ermöglichen, die<br />

im ländlichen Umland nicht zu erreichen<br />

sind. In Bezug auf ihre eigenen Kin<strong>der</strong> sind<br />

Eltern zu Recht »egoistisch«. Diese Motivation<br />

lässt sich jedoch positiv nutzen, indem<br />

gute Angebote auch dort entwickelt werden,<br />

wo qualifizierte Mütter <strong>und</strong> Väter<br />

zunächst nicht wohnen.

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