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Bericht der Kommission »Familie und demographischer Wandel

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22 23 I. Die Bedeutung <strong>der</strong> kleinen Lebenskreise<br />

Existenz, die unser Staat in unserer Kultur<br />

<strong>und</strong> unseren Wertvorstellungen vorfindet,<br />

aber nicht aus eigener Kraft erneuern kann.<br />

Zu diesen Gr<strong>und</strong>lagen gehört zuvor<strong>der</strong>st die<br />

Familie. In Zeiten des Umbruchs <strong>und</strong> verlorener<br />

Gewissheiten ist sie <strong>der</strong> Ort, an dem<br />

Menschen Zuflucht <strong>und</strong> jene Zuwendung,<br />

Empathie <strong>und</strong> personale Solidarität erfahren,<br />

ohne die ihnen das Leben kalt <strong>und</strong><br />

letztlich ohne Sinn erscheint. Wer, wie wir<br />

Älteren, die Zeit des Umbruchs unmittelbar<br />

nach <strong>der</strong> Katastrophe des Zweiten Weltkriegs<br />

erfahren hat, weiß um die Bedeutung<br />

<strong>der</strong> Familie als einzig verbliebenem Ort <strong>der</strong><br />

Zuflucht – <strong>und</strong> um die Stabilität ihrer vorstaatlichen<br />

F<strong>und</strong>amente, auf denen sie<br />

gründet.<br />

Für unsere Empfehlung, eine Familienpolitik<br />

zu entwickeln, die die Familie im Koordinatensystem<br />

von Subsidiarität <strong>und</strong> personaler<br />

Solidarität ansiedelt <strong>und</strong> mit den kleinen<br />

Lebenskreisen <strong>und</strong> <strong>der</strong> Kommune verbindet,<br />

ist dieser Bef<strong>und</strong> von durchaus praktischer<br />

Bedeutung. Denn die Familienpolitik<br />

zielt auf die politische Gestaltung des Raumes,<br />

<strong>der</strong> durch Familie <strong>und</strong> kleine Lebenskreise<br />

definiert wird <strong>und</strong> in dem Freiheit,<br />

Verantwortung <strong>und</strong> personale Solidarität im<br />

Geben <strong>und</strong> Nehmen am unmittelbarsten<br />

erfahren werden können. In dem es<br />

zugleich möglich ist, die sozialen Einrichtungen<br />

des Zentralstaates als das zu erfahren,<br />

was sie sein sollten: <strong>der</strong> Sicherung von<br />

Freiheit dienende Einrichtungen, die subsidiär<br />

dort Verantwortung übernehmen, wo<br />

die Kraft <strong>der</strong> Familie <strong>und</strong> ihrer kleinen<br />

Lebenskreise versagt.<br />

Darüber hinaus gefragt: Vielleicht könnte<br />

sich in <strong>der</strong> Verwirklichung eines solchen<br />

Konzepts von Familie <strong>und</strong> kleinen Lebenskreisen<br />

eine sinnstiftende Alternative<br />

andeuten zu einer Welt <strong>der</strong> ständigen materiellen<br />

Wohlstandssteigerung, <strong>der</strong>en zunehmende<br />

Leistungsanfor<strong>der</strong>ung durch ihre<br />

abnehmende Plausibilität wi<strong>der</strong>legt wird?<br />

Eine Alternative, die ihre Legitimation aus<br />

<strong>der</strong> Vielfalt <strong>und</strong> wachsenden Bedeutung <strong>der</strong><br />

geschützten Räume <strong>der</strong> Subsidiarität erhält,<br />

aus ihrer Fähigkeit zur Aktivierung personaler<br />

Solidarität <strong>und</strong> ihrer schützenden <strong>und</strong><br />

mediatisierenden Rolle, wenn es um die<br />

Konfrontation des Einzelnen mit dem Staat<br />

<strong>und</strong> seinen hoheitlich organisierten Sozialstrukturen<br />

geht.<br />

Eine Alternative nicht nur im Sinne neuer<br />

Formen <strong>der</strong> Organisation menschlichen<br />

Zusammenlebens, son<strong>der</strong>n auch eines<br />

neuen Verhältnisses von materiellen <strong>und</strong><br />

immateriellen Bedürfnissen <strong>der</strong> Menschen.<br />

Mit einer neuen Lebenskultur, die auf<br />

menschheitsgeschichtlich erworbene Erfahrungen<br />

zurückgreift <strong>und</strong> diese auf fruchtbare<br />

Weise mit den Vorstellungen, Erfahrungen<br />

<strong>und</strong> Bedingungen unserer Gegenwart<br />

<strong>und</strong> Zukunft zusammenführt. Die so<br />

Neues schafft. Neues, das <strong>der</strong> Erkenntnis<br />

Rechnung trägt, dass ein Volk nur dann eine<br />

Zukunft hat, wenn es in seiner Gegenwart<br />

die Fähigkeit besitzt, auf die Stimmen <strong>der</strong><br />

Ahnen zu hören <strong>und</strong> die Lebensinteressen<br />

<strong>der</strong> Nachkommen zu respektieren.<br />

Sieht man unsere Überlegungen in diesem<br />

größeren Kontext <strong>und</strong> wägt sie gegen die<br />

gegenwärtigen Unsicherheiten, dann<br />

erscheint es uns zumindest aussichtsreich<br />

<strong>und</strong> zugleich wichtig, sie in diesen Zusammenhängen<br />

<strong>und</strong> angesichts <strong>der</strong> Risiken zu<br />

diskutieren, die mit einer Fortsetzung <strong>der</strong><br />

gegenwärtigen Sozialpolitik verb<strong>und</strong>en sind.<br />

Zwischen <strong>der</strong> Leistungsfähigkeit <strong>der</strong> heutigen<br />

Sozialpolitik – einschließlich <strong>der</strong> materiellen<br />

Dimensionen <strong>der</strong> Familienpolitik –<br />

<strong>und</strong> Wirtschaftswachstum besteht seit ihrer<br />

Begründung ein unmittelbarer Zusammenhang.<br />

Mit <strong>der</strong> Expansion des BIP expandierten<br />

auch die sozialpolitischen Ansprüche an<br />

die gesamtwirtschaftliche Wertschöpfung.<br />

Wirtschaftswachstum als verlässliches Ziel<br />

<strong>der</strong> Wirtschaftspolitik <strong>und</strong> als Basis für<br />

einen weiteren Ausbau des Sozialen verliert<br />

jedoch an Überzeugungskraft. Insbeson<strong>der</strong>e

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