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Bericht der Kommission »Familie und demographischer Wandel

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Formulierung »Wachstum ist zwar nicht<br />

alles, aber ohne Wachstum ist alles nichts«<br />

stimmen noch immer 60 Prozent zu. Verlässt<br />

man die abstrakte, durch das Medienumfeld<br />

vermittelte Ebene, än<strong>der</strong>t sich das<br />

Bild. Zwar ist auch dann finanzieller Wohlstand<br />

noch immer bedeutsam. Aber Wirtschaftswachstum<br />

<strong>und</strong> Wohlstandssteigerung<br />

gehören nicht zu den Dingen, die das Wohlergehen<br />

<strong>der</strong> meisten vorrangig bestimmen.<br />

Nur 19 Prozent können sich dafür erwärmen,<br />

»hart zu arbeiten <strong>und</strong> beruflich viel zu<br />

leisten«. Bei <strong>der</strong> Beantwortung <strong>der</strong> Frage, ob<br />

sie in ihrem Leben etwas schaffen o<strong>der</strong> es<br />

eher ruhiger <strong>und</strong> gemütlicher haben wollen,<br />

bilden sich zwei etwa gleiche Gruppen. Die<br />

unter 45-Jährigen sind »ein wenig« schaffensgeneigt<br />

die über 45-Jährigen umso<br />

ruhegeneigter – »ein für eine zügig alternde<br />

Bevölkerung aufschlussreicher Bef<strong>und</strong>«,<br />

wie die Autoren hinzufügen.<br />

Ein ähnliches Bild bietet sich, wenn es um<br />

die Verbesserung des Einkommens geht.<br />

Nur 45 Prozent <strong>der</strong> Befragten sind bereit,<br />

<strong>und</strong> keineswegs vor allem die wirtschaftlich<br />

Schwächeren, für einen höheren Lohn mehr<br />

zu arbeiten. Von den nicht erwerbstätigen<br />

30- bis 60-Jährigen erklären r<strong>und</strong> 44 Prozent,<br />

sie hätten in den letzten drei Jahren<br />

nichts unternommen, um ihr Einkommen zu<br />

verbessern. Bei den unter 30-Jährigen sind<br />

es 35 Prozent. Die Antwort auf die Frage, in<br />

welchem Alter mit <strong>der</strong> Erwerbsarbeit<br />

Schluss sein soll, ergibt einen Mittelwert,<br />

<strong>der</strong> bei 61 Jahren liegt. Ein Rentenbeginn<br />

mit 65 o<strong>der</strong> erst mit 67 Jahren ist <strong>der</strong> großen<br />

Bevölkerungsmehrheit zu spät.<br />

59 Prozent erklären, dass ihnen die Bewahrung<br />

des Erreichten wichtiger sei als<br />

Wachstum <strong>und</strong> materielle Wohlstandsmehrung.<br />

Nur je<strong>der</strong> Vierte strebt nach mehr, vor<br />

allem die unter 30-Jährigen. Doch schon<br />

vom 30. Lebensjahr an bilden die Bewahrer<br />

die Mehrheit. »Bewahren ist vielen wichtiger<br />

als Mehren, Sicherheit <strong>und</strong> Gleichheit<br />

erstrebenswerter als Chancen <strong>und</strong> Risiken<br />

von Freiheit <strong>und</strong> Eigenverantwortung.«<br />

Soziale <strong>und</strong> innere Sicherheit »ist vielen ein<br />

so hohes Gut, dass sie bereit sind, dafür vieles<br />

hinzugeben, einschließlich zentraler<br />

Gr<strong>und</strong>- <strong>und</strong> Freiheitsrechte« (Miegel/Petersen<br />

2008). 78 Prozent ziehen ein »sicheres<br />

Leben in Bescheidenheit« einem »risikoreichen<br />

Leben <strong>und</strong> seinen finanziellen Chancen«<br />

vor.<br />

Insgesamt ziehen die Autoren aus den<br />

Ergebnissen <strong>der</strong> Studie den Schluss: Die<br />

mentalen Voraussetzungen für Wirtschaftswachstum<br />

<strong>und</strong> materielle Wohlstandsmehrung<br />

sind nur noch bedingt vorhanden. Nur<br />

ein Sechstel bis höchstens ein Fünftel <strong>der</strong><br />

Bevölkerung ist bereit, sich konsequent für<br />

Wachstum zu engagieren. Als Gründe<br />

erkennen die Autoren eine weitgehende Sättigung<br />

materieller Bedürfnisse, den abnehmenden<br />

Grenznutzen zusätzlicher Anstrengungen,<br />

den Verlust <strong>der</strong> sinnstiftenden Wirkung<br />

einer weiteren materiellen Wohlstandsmehrung<br />

o<strong>der</strong> die ernüchternde<br />

Erkenntnis <strong>der</strong> schädlichen Folgen ständigen<br />

Wirtschaftswachstums. Insgesamt folgt<br />

aus dem <strong>Wandel</strong> <strong>der</strong> Einstellung großer<br />

Teile <strong>der</strong> Bevölkerung, »dass die bisherigen<br />

Wachstumsstrategien zunehmend auf Sand<br />

gebaut sind« (Miegel/Petersen 2008). Es sei<br />

deshalb geboten, die bisherigen politischen<br />

<strong>und</strong> wirtschaftlichen Handlungsmuster von<br />

Gr<strong>und</strong> auf zu überdenken. Denn »es ist irrational<br />

<strong>und</strong> gefährlich, eine befriedigende<br />

Beschäftigungslage, soziale Sicherheit o<strong>der</strong><br />

gar die Stabilität <strong>der</strong> freiheitlich-demokratischen<br />

Ordnung von Wirtschaftswachstum<br />

<strong>und</strong> materieller Wohlstandsmehrung abhängig<br />

zu machen« (Miegel/Petersen 2008).<br />

Fehlt jedoch ein ausreichen<strong>der</strong>, durch persönliche<br />

wie gesellschaftliche Interessen<br />

<strong>und</strong> Ziele angetriebener Wille zu mehr<br />

Wachstum, dann ist es sozialpolitisch problematisch,<br />

die in <strong>der</strong> Zeit des Wie<strong>der</strong>aufbaus<br />

<strong>der</strong> B<strong>und</strong>esrepublik vorhandenen<br />

Motivationsstrukturen kritiklos auf eine Zeit<br />

zu übertragen, in <strong>der</strong> bereits das Gesetz des

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