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Bericht der Kommission »Familie und demographischer Wandel

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26 27 I. Die Bedeutung <strong>der</strong> kleinen Lebenskreise<br />

<strong>der</strong> Wahrnehmung dieser Verantwortung an<br />

ihre Grenzen stoßen <strong>und</strong> die Kernfamilien<br />

den Belastungen durch subsidiäre Leistungen<br />

nicht gewachsen sein, könnten sich<br />

neuartige Probleme in Gestalt eines kollektiven<br />

<strong>und</strong> personalen Solidaritätsversagens<br />

entwickeln.<br />

Dass die finanziellen Gestaltungsspielräume<br />

<strong>der</strong> aktiven Bevölkerung in den kommenden<br />

Jahrzehnten kleiner werden, ist bereits<br />

heute absehbar. Die Wachstumsraten sind<br />

nicht zu erwarten, die notwendig wären, um<br />

die Belastungen auszugleichen, die durch<br />

eine hohe Staatsverschuldung, steigende<br />

Preise für wesentliche Gr<strong>und</strong>bedürfnisse,<br />

wachsende Kosten <strong>der</strong> Sozialsysteme,<br />

immer höhere Investitionen in Ausbildung<br />

<strong>und</strong> Bildung, in Wissen <strong>und</strong> in politische<br />

<strong>und</strong> ökologische Sicherheit ausgelöst werden.<br />

Selbst wenn dieses Wachstum möglich<br />

wäre, würde es an <strong>der</strong> Bereitschaft <strong>der</strong> großen<br />

Mehrheit <strong>der</strong> Bevölkerung fehlen, die<br />

notwendigen Mehrleistungen zu erbringen,<br />

sei es durch eigene Arbeit, durch Kapitalbildung<br />

zu Lasten ihres Konsums o<strong>der</strong> durch<br />

höhere staatliche Belastungen.<br />

So könnte sich eines Tages ein wirksamer<br />

sozialer Druck aufbauen, dem sich Menschen<br />

ohne Familie, in Einsamkeit, in<br />

Altersheimen o<strong>der</strong> als Pflegefälle umso<br />

weniger entziehen können, je geringer <strong>der</strong><br />

Schutz ist, den ihnen Familien <strong>und</strong> kleine<br />

Lebenskreise gewähren. Denn je unverhältnismäßiger<br />

die Belastungen <strong>der</strong> aktiven<br />

Generationen durch die nicht mehr Aktiven<br />

werden, weil keine Strukturen entwickelt<br />

wurden, die eine neuartige Lastenverteilung<br />

erlauben, umso offener wird sich die Versuchung<br />

melden, die Alten zu ermutigen,<br />

diese Last aus Gründen <strong>der</strong> Solidarität mit<br />

den Jüngeren durch die freiwillige Beendigung<br />

ihres Lebens zu verringern. »Freiwillige«<br />

Frühverrentung, um Jüngeren Platz zu<br />

machen; »freiwillige« Lebensverkürzung, um<br />

Jüngere zu entlasten. In <strong>der</strong> seit einiger Zeit<br />

geführten Debatte über die Zulässigkeit von<br />

Sterbehilfe <strong>und</strong> das »selbstbestimmte«<br />

Lebensende könnte sich diese Versuchung<br />

bereits ankündigen. Dafür spricht, dass sich<br />

in einer Allensbach-Umfrage vom Sommer<br />

2008 58 Prozent <strong>der</strong> Befragten unter<br />

bestimmten Bedingungen für eine aktive<br />

Sterbehilfe <strong>und</strong> 72 Prozent für eine passive<br />

Sterbehilfe ausgesprochen haben.<br />

Umso wichtiger ist es deshalb, nicht nur auf<br />

die in <strong>der</strong> Vergangenheit entwickelte Sozialordnung<br />

zu bauen, son<strong>der</strong>n vor allem auf<br />

die Regenerationskraft <strong>der</strong> Familien, <strong>der</strong><br />

kleinen Lebenskreise <strong>und</strong> <strong>der</strong> Kommunen.<br />

Diese bieten jenen ihr staatliches Gehäuse<br />

als Wirkungsraum <strong>und</strong> ihre – im Kernbereich<br />

– verfassungsrechtlich geschützte<br />

Autonomie als Schutz gegen Interventionen<br />

des Gesamtstaates, wenn dieser sich<br />

anschickt, die Machtfrage <strong>der</strong> Subsidiarität<br />

zu seinen Gunsten zu entscheiden.<br />

Aus all dem folgt: Der »subsidiaritätsfähige<br />

Lebenskreis«, im Idealfalle um die Kernfamilie<br />

gebildet, mit an<strong>der</strong>en Lebenskreisen<br />

vernetzt <strong>und</strong> durch die kommunale Ebene<br />

getragen <strong>und</strong> ermutigt, ist eine unverzichtbare<br />

Voraussetzung für personale Selbständigkeit<br />

<strong>und</strong> Selbstbestimmung in <strong>der</strong><br />

Gemeinschaft mit an<strong>der</strong>en <strong>und</strong> für eine<br />

gemeinsame Bewältigung von Lebenschancen<br />

<strong>und</strong> Lebensrisiken. Für einen Auftrag,<br />

<strong>der</strong> über die Reproduktion <strong>der</strong> Gesellschaft<br />

in ausreichendem Umfang hinausweist – auf<br />

die Gestaltung eines familienfre<strong>und</strong>lichen<br />

Umfeldes, das nicht nur den Eltern die Verwirklichung<br />

ihrer Lebensentwürfe gestattet,<br />

son<strong>der</strong>n im Zusammenwirken mit kleinen<br />

Lebenskreisen, Nachbarschaft <strong>und</strong> Kommune<br />

das Wohl aller drei Generationen im<br />

Blick hat.<br />

Mit den gegenwärtigen Krisen <strong>und</strong> den<br />

absehbaren Folgebelastungen, die <strong>der</strong> staatlichen<br />

Ebene bereits heute erwachsen,<br />

eröffnet sich zugleich die Chance, Subsidiarität<br />

<strong>und</strong> personaler Solidarität wie<strong>der</strong> zu<br />

ihrem Recht zu verhelfen <strong>und</strong> Familien <strong>und</strong>

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