06.03.2013 Aufrufe

Bericht der Kommission »Familie und demographischer Wandel

Bericht der Kommission »Familie und demographischer Wandel

Bericht der Kommission »Familie und demographischer Wandel

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

150 151 Hartmut Häussermann: Die soziale Dimension unserer Städte –<br />

von <strong>der</strong> »Integrationsmaschine« zu neuen Ungleichheiten<br />

sierung <strong>der</strong> Armut o<strong>der</strong> als Konzentration<br />

in innerstädtischen Gebieten darstellt:<br />

Gemeinsam ist beiden Erscheinungen die<br />

Herausbildung von Quartieren, von denen<br />

befürchtet wird, dass sie »Kontexteffekte«<br />

entfalten, durch die ihre Bewohner zusätzlich<br />

zu ihrer schwierigen sozialen Lage<br />

benachteiligt werden. Diese Gebiete einer<br />

»Residualisierung« entstehen umso eher,<br />

wenn eine Steuerung <strong>der</strong> Wohnungsbelegung<br />

aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> abnehmenden Bestände<br />

an sozialem Wohnungsbau in den innerstädtischen<br />

Bereichen zunehmend schwieriger<br />

wird.<br />

Im »Monitoring Soziale Stadtentwicklung«<br />

<strong>der</strong> Senatsverwaltung für Stadtentwicklung<br />

Berlin wurde im letzten <strong>Bericht</strong> gezeigt,<br />

dass sich die Quartiere am obersten <strong>und</strong> am<br />

untersten Rand in einer Skala, die anhand<br />

<strong>der</strong> Problemdichte gebildet wurde, immer<br />

stärker auseinan<strong>der</strong>entwickeln. Von den<br />

64 Quartieren, die anhand von sozialen<br />

Indikatoren als Gebiete mit einem hohen<br />

sozialen Status eingestuft wurden, haben<br />

sich im Laufe eines Jahres 39 noch weiter<br />

in eine Richtung entwickelt, die durch noch<br />

weniger soziale Probleme gekennzeichnet<br />

ist. Auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite <strong>der</strong> Stadt, in den<br />

Gebieten mit einem niedrigen sozialen Status,<br />

hat sich die Mehrheit <strong>der</strong> Quartiere<br />

dagegen weiter negativ entwickelt. Die Rän<strong>der</strong><br />

<strong>der</strong> Stadt streben also weiter auseinan<strong>der</strong>.<br />

Es ist daher gerechtfertigt, von einer<br />

sozialräumlichen Polarisierung zu sprechen.<br />

In London, <strong>der</strong> ökonomisch am stärksten<br />

wachsenden Stadt in Europa, ist eine flächendeckende<br />

soziale Aufwertung <strong>der</strong> inneren<br />

Stadtgebiete zu beobachten. Die Räume<br />

für Haushalte mit niedrigem Einkommen<br />

werden immer enger, sie werden an den<br />

Rand verdrängt. In Paris ist eine ähnliche<br />

Entwicklung zu beobachten; hier sind früher<br />

durch sozialen Wohnungsbau im<br />

Umland <strong>der</strong> Stadt, in <strong>der</strong> »Banlieue«, Wohnungen<br />

entstanden, die für die »breiten<br />

Schichten <strong>der</strong> Bevölkerung« gedacht waren,<br />

die aber heute überwiegend von Migranten<br />

bewohnt werden. Paris hat seine Armut<br />

sozusagen ausgelagert, es ist ein starker<br />

sozialer Gegensatz zwischen innerer Stadt<br />

<strong>und</strong> Peripherie entstanden. In Berlin dagegen<br />

bilden sich die stärker werdenden<br />

sozialen Gegensätze in größeren Diskrepanzen<br />

zwischen Quartieren innerhalb des<br />

Stadtgebietes ab. Die beson<strong>der</strong>s von sozialen<br />

Problemlagen charakterisierten Quartiere<br />

liegen nördlich <strong>und</strong> südlich <strong>der</strong> Innenstadt<br />

sowie an den Rän<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Stadt in Ost<br />

<strong>und</strong> West, wo sich in den dort noch vorhandenen<br />

sozialen Wohnungsbeständen<br />

zunehmend die armen Haushalte konzentrieren.<br />

Diese Entwicklungen haben eine mangelhafte<br />

Integration von Migrantengruppen zur<br />

Folge, wenn <strong>der</strong>en Segregation durch Wohnungsvergabe<br />

o<strong>der</strong> durch Diskriminierung<br />

in den »besseren Vierteln« entstanden ist.<br />

Diese Gruppen werden dadurch stark segregiert,<br />

es bilden sich erhebliche Konzentrationen<br />

von Quartieren mit hoher Problemdichte.<br />

Diese Situation hat insbeson<strong>der</strong>e im<br />

Bildungsbereich eine ausgrenzende Konsequenz,<br />

denn in den Schulen sind die Anteile<br />

von Schülern mit niedrigen Leistungen bzw.<br />

mit einer fremden Muttersprache sehr viel<br />

höher als in den Quartieren selbst. Die<br />

Ursache dafür ist, dass sich die einheimischen<br />

Mittelschichten aus diesen Quartieren<br />

zurückziehen <strong>und</strong> so zur weiteren Konzentration<br />

von Haushalten mit geringem sozialen<br />

<strong>und</strong> kulturellen Kapital beitragen.<br />

Die Zuspitzung <strong>der</strong> sozialen Gegensätze<br />

zwischen den Quartieren dürfte eine sinkende<br />

Attraktivität <strong>der</strong> Städte zur Folge<br />

haben, da sich bei fehlen<strong>der</strong> sozialer Kohäsion<br />

Unsicherheitsgefühle in <strong>der</strong> Stadt verbreiten<br />

– bis hin zu gewaltsamen Eruptionen,<br />

wie sie insbeson<strong>der</strong>e in den »Banlieues«<br />

<strong>der</strong> französischen Großstädte in den<br />

vergangenen Jahren zu beobachten waren.<br />

Für die Bewohner solcher Gebiete, die<br />

durch eine Kumulation von multiplen Pro-

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!