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Bericht der Kommission »Familie und demographischer Wandel

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könnten, Menschen im erwerbsfähigen Alter<br />

vorhanden sind, die bereit sind, in diese<br />

Regionen mit einer beson<strong>der</strong>s hohen Nachfrage<br />

nach Pflegeleistungen zu wan<strong>der</strong>n, um<br />

diese dort zu erbringen. Diese Entwicklung<br />

ist nicht nur in Deutschland zu beobachten,<br />

son<strong>der</strong>n in ganz Europa. Bestimmte Regionen<br />

etwa im Zentralmassiv Frankreichs, in<br />

Süditalien, im Norden Englands o<strong>der</strong> in<br />

manchen ländlichen Regionen Spaniens leiden<br />

unter ähnlichen Wan<strong>der</strong>ungsverlusten<br />

<strong>und</strong> einer ungünstigen Entwicklung in <strong>der</strong><br />

mittleren Altersgruppe <strong>der</strong> Bevölkerung.<br />

Daher wird auf diese Entwicklung nur angemessen<br />

zu reagieren sein, wenn neben den<br />

allgemeinen Rahmenbedingungen, die die<br />

Familienpolitik, Sozialpolitik <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heitspolitik<br />

auf B<strong>und</strong>esebene schaffen können,<br />

auch kommunale <strong>und</strong> landesspezifische<br />

Strategien entwickelt werden, um mit diesen<br />

Entwicklungstendenzen angemessen umzugehen.<br />

2 <strong>Wandel</strong> von Stadt <strong>und</strong> ländlichem Raum<br />

2.1 Stadtgesellschaft: Zuwan<strong>der</strong>ung,<br />

Abwan<strong>der</strong>ung <strong>und</strong> Selektionstendenzen<br />

Die Statistischen Landesämter liefern heute<br />

auf <strong>der</strong> Basis <strong>der</strong> ihnen verfügbaren Daten<br />

ein ungewöhnlich differenziertes Bild nicht<br />

nur von <strong>der</strong> jeweiligen demographischen<br />

Entwicklung des B<strong>und</strong>eslandes, sie arbeiten<br />

auch mit großer Genauigkeit die Regionalentwicklung<br />

innerhalb <strong>der</strong> einzelnen B<strong>und</strong>eslän<strong>der</strong><br />

mit entsprechenden Prognosen<br />

auf (Kröhnert 2007). Manche Städte wie<br />

etwa Berlin haben eine sehr kleinräumige<br />

Beschreibung ihrer Bezirke hinsichtlich <strong>der</strong><br />

sozialen Lage <strong>und</strong> <strong>der</strong> Lebensbedingungen<br />

von Kin<strong>der</strong>n <strong>und</strong> Familien erarbeitet.<br />

Diese dokumentierten Ausdifferenzierungen<br />

<strong>der</strong> Lebensbedingungen aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong><br />

demographischen Entwicklungen in dieser<br />

kleinräumigen Struktur werden jedoch nur<br />

selten zur Kenntnis genommen, obwohl die<br />

Pluralisierung von Lebensverhältnissen von<br />

Kin<strong>der</strong>n <strong>und</strong> Familien erheblich von diesen<br />

Entwicklungen abhängt. Das gilt nicht nur<br />

für die Fahrzeiten zur Schule in das nächste<br />

Oberzentrum, die Kin<strong>der</strong> auf sich nehmen<br />

müssen, son<strong>der</strong>n auch für die örtliche Infrastruktur.<br />

Wenn in Brandenburg die durchschnittliche<br />

Fahrzeit zum nächsten Oberzentrum<br />

50 Minuten beträgt, in Hessen nur<br />

27 Minuten, jedoch die Kin<strong>der</strong> im Elbe-Elster-Kreis<br />

o<strong>der</strong> in <strong>der</strong> Prignitz dafür zwischen<br />

70 <strong>und</strong> 80 Minuten Fahrzeit auf sich<br />

nehmen müssen, sind die Lebensbedingungen<br />

für die Familien in diesen Regionen im<br />

Vergleich zu denen in einer Großstadt, in<br />

<strong>der</strong> alle wichtigen Infrastruktureinrichtungen<br />

in <strong>der</strong> Regel innerhalb von 15 Minuten<br />

zu erreichen sind, nicht nur unterschiedlich,<br />

son<strong>der</strong>n bedeuten auch, dass die Chancen<br />

für diese Kin<strong>der</strong> im Wettbewerb mit<br />

an<strong>der</strong>en Kin<strong>der</strong>n, ihr Potential in gleicher<br />

Weise entwickeln zu können, deutlich eingeschränkt<br />

sind.<br />

Diese Erkenntnis ist keinesfalls neu, son<strong>der</strong>n<br />

war eins <strong>der</strong> zentralen Argumente <strong>der</strong><br />

Diskussion um die Bildungsreform in den<br />

1960er Jahren, in <strong>der</strong> die Distanz zu den<br />

Bildungseinrichtungen nicht nur wie heute<br />

metaphorisch verstanden wurde – die »bildungsfernen«<br />

Schichten –, son<strong>der</strong>n ganz real<br />

als physische Entfernung zwischen den Bildungsangeboten<br />

<strong>und</strong> den Kin<strong>der</strong>n (Habich/<br />

Spellerberg 2008). Annette Spellerberg, die<br />

diese Zahlen anführt (2008), zeigt in ihrer<br />

Analyse aber auch, dass die Bevölkerungsentwicklung<br />

in Deutschland sich nicht nur<br />

zwischen den einzelnen B<strong>und</strong>eslän<strong>der</strong>n als<br />

eine Ost-West-Migration mit unterschiedlichen<br />

Alterungseffekten auswirken wird. Auf<br />

<strong>der</strong> Basis ihrer Bevölkerungsprognose ist<br />

mit großer Wahrscheinlichkeit zu vermuten,<br />

dass die ländlichen Kreise mit geringer<br />

Bevölkerungsdichte sowohl in West- wie in<br />

Ostdeutschland Bevölkerungsverluste zwischen<br />

3 <strong>und</strong> 19 Prozent erleben werden,<br />

während großstadtnahe Kreise in den<br />

Agglomerationszentren, die in den letzten<br />

zehn Jahren in Ost- wie in Westdeutschland<br />

Bevölkerungsgewinne zwischen 7 <strong>und</strong> 15

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