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Bericht der Kommission »Familie und demographischer Wandel

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Aufgabe, die bestehende För<strong>der</strong>- <strong>und</strong> Sanktionspolitik<br />

daraufhin zu untersuchen, ob<br />

<strong>und</strong> wann sie dem Freiheitsideal zu stark<br />

entgegensteht – <strong>und</strong> ob bestehende Instrumentarien<br />

so verän<strong>der</strong>t werden können <strong>und</strong><br />

müssen, dass sie den Gestaltungswillen <strong>der</strong><br />

Bürger nicht schwächen, son<strong>der</strong>n stützen.<br />

Im Gespräch mit <strong>der</strong> <strong>Kommission</strong> haben vor<br />

allem Bert Rürup <strong>und</strong> Barbara Riedmüller<br />

deutlich gemacht, wie sehr <strong>der</strong> bestehende<br />

Sozialstaat die klassische Familie stärkt <strong>und</strong><br />

stützt, dies geht auch aus <strong>der</strong>en Gastbeiträgen<br />

zu diesem <strong>Bericht</strong> hervor. Während<br />

Riedmüller den Verän<strong>der</strong>ungsbedarf<br />

beschreibt, <strong>der</strong> sich mit <strong>der</strong> steigenden<br />

Erwerbstätigkeit <strong>der</strong> Frauen ergibt, <strong>und</strong> als<br />

möglichen Ausweg eine Professionalisierung<br />

<strong>und</strong> stärkere staatliche För<strong>der</strong>ung von familienbezogenen<br />

Dienstleistungen aufzeigt,<br />

betont Rürup vor allem die Wechselwirkungen<br />

zwischen Familien- <strong>und</strong> Sozialpolitik.<br />

Wie viele Kin<strong>der</strong> in einem Land geboren<br />

werden, hat weitreichende Folgen für das<br />

Sozialsystem. Wären die Geburtenraten<br />

höher, wären Renten-, Pflege- <strong>und</strong> Krankenversicherung<br />

weniger reformbedürftig –<br />

schließlich funktionieren die gesetzlichen<br />

Sozialversicherungen nach dem Umlageprinzip,<br />

bei dem die jeweils Erwerbstätigen<br />

eines Landes für die Generation vor ihnen<br />

sorgen.<br />

An<strong>der</strong>erseits hat <strong>der</strong> Sozialstaat Auswirkungen<br />

darauf, wie Paare <strong>und</strong> Familien zusammenleben<br />

<strong>und</strong> wie kin<strong>der</strong>reich ein Land ist.<br />

Dies tut er nicht nur durch familienpolitische<br />

För<strong>der</strong>maßnahmen wie das Elterngeld,<br />

die Familienkomponente bei <strong>der</strong> steuerlichen<br />

För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Riester-Rente o<strong>der</strong> den<br />

Zuschlag, <strong>der</strong> Eltern bei <strong>der</strong> Auszahlung des<br />

Arbeitslosengeldes I gewährt wird. Der<br />

Sozialstaat wirkt auch mit vielen nicht familienpolitisch<br />

motivierten Gesetzen auf das<br />

Zusammenleben von Paaren <strong>und</strong> ihren<br />

Nachwuchs ein. So führte die Einführung<br />

<strong>der</strong> Hartz-Reformen einerseits zu Hochzei-<br />

ten von Paaren, die zuvor ohne Trauschein<br />

liiert waren – <strong>und</strong> an<strong>der</strong>erseits zu räumlichen<br />

Trennungen von Paaren. Die einen<br />

heirateten wegen <strong>der</strong> Krankenversicherung<br />

– Ehepartner sind schließlich kostenlos mitversichert<br />

bei Mitglie<strong>der</strong>n <strong>der</strong> gesetzlichen<br />

Krankenkassen, was vor allem für arbeitslose<br />

Hartz-IV-Empfänger wichtig war. Viele<br />

von ihnen hätten sonst ihren Versicherungsschutz<br />

verloren. An<strong>der</strong>e Arbeitslose verließen<br />

nach dem Inkrafttreten <strong>der</strong> Reform die<br />

gemeinsam mit dem Partner angemietete<br />

Wohnung. Zu den Hartz-Reformen gehört<br />

das Prinzip, dass nur <strong>der</strong>jenige das Arbeitslosengeld<br />

II erhält, <strong>der</strong> »bedürftig« ist. Und<br />

bedürftig im Sinne des Gesetzes ist niemand,<br />

dessen Lebensunterhalt auch vom<br />

Partner finanziert werden könnte. Als Paar<br />

gelten für die Arbeitsverwaltung in <strong>der</strong><br />

Regel zusammenlebende Erwachsene, die<br />

Bett <strong>und</strong> Kühlschrank teilen.<br />

Die Bedürftigkeitsprüfung für Paare, die<br />

Gr<strong>und</strong>sicherung beziehen, wurde als konsequente<br />

Anwendung <strong>der</strong> Subsidiaritätsidee<br />

bezeichnet: Der Staat zahlt nur, wenn Angehörige<br />

nicht füreinan<strong>der</strong> einstehen können.<br />

Die Tatsache, dass infolge dieser Gesetzgebung<br />

viele Paare auseinan<strong>der</strong>zogen, Fürsorge-Strukturen<br />

also geschwächt <strong>und</strong> nicht<br />

gestärkt wurden, zeigt, wie verheerend die<br />

Wirkung ist, wenn die Politik den Subsidiaritätsgedanken<br />

nur entdeckt, wenn sie auf<br />

<strong>der</strong> Suche nach Sparmöglichkeiten <strong>und</strong><br />

Rechtfertigungen für staatliche Sanktionen<br />

ist.<br />

Der Sozialstaat nimmt also an vielerlei Stellen<br />

Einfluss auf die Art <strong>und</strong> Weise, wie<br />

Paare <strong>und</strong> Familien zusammenleben, er<br />

folgt dabei aber keiner expliziten Idee<br />

(wonach als Paar beispielsweise nur Eheleute<br />

gelten, was in <strong>der</strong> Steuer-, aber nicht<br />

in <strong>der</strong> Arbeitsmarktpolitik <strong>der</strong> Fall ist). Das<br />

liegt auch daran, dass die Familie lange als<br />

private, staatsferne Sphäre definiert wurde,<br />

wie auch Barbara Riedmüller in ihrem Beitrag<br />

schreibt: Die Politik habe ihre Aufgabe

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