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Bericht der Kommission »Familie und demographischer Wandel

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56 57 III. Für eine neue Familienpolitik<br />

Treue hat sich eine Vorstellung von sequenzieller<br />

Monogamie etabliert, die es den<br />

Partnern ermöglicht, sich auch ohne gesellschaftliche<br />

Ächtung aus einer Partnerschaft<br />

zu lösen, die aus welchen Gründen auch<br />

immer brüchig geworden ist.<br />

Wenn man nur die ökonomischen Konsequenzen<br />

dieses Wertewandels betrachtet,<br />

so leuchtet ein, dass das Einkommen, das<br />

zuvor für einen Haushalt gereicht hat, nicht<br />

für einen zweiten Haushalt in gleicher<br />

Weise reichen kann. Denn bei einer Trennung<br />

gehen notwendigerweise die Skalenvorteile<br />

verloren, die sich aus dem Zusammenleben<br />

ergeben: Die zweite Miete, die<br />

zweite Einrichtung <strong>und</strong> an<strong>der</strong>e Folgekosten<br />

führen dazu, dass zwei Haushalte immer<br />

teurer sind als einer. Der zweite Irrtum lag<br />

in <strong>der</strong> Annahme, dass in <strong>der</strong> postindustriellen<br />

Gesellschaft mit teilweise sehr unsicheren<br />

Arbeitsplätzen das Einkommen des<br />

Haupternährers, wie er in <strong>der</strong> amtlichen<br />

Statistik heißt, dauerhaft in ausreichen<strong>der</strong><br />

Höhe zur Verfügung steht, um die hinreichende<br />

Existenzsicherung <strong>der</strong> Familie zu<br />

gewährleisten. In einer Gesellschaft mit<br />

eher unsicheren Beschäftigungsverhältnissen,<br />

vor allem in jungen Lebensjahren, die<br />

sich zudem nicht mehr wie in früheren<br />

Jahrzehnten zuverlässig weiterentwickeln,<br />

ist es nur folgerichtig, sich von <strong>der</strong> Vorstellung<br />

des Haupternährers zu verabschieden<br />

<strong>und</strong> stattdessen zu akzeptieren, dass auch<br />

in einem Haushalt mit Kin<strong>der</strong>n zwei Einkommen<br />

eine notwendige Voraussetzung<br />

dafür sind, den Kin<strong>der</strong>n einen hinreichenden<br />

Lebensunterhalt zu ermöglichen.<br />

Im <strong>Bericht</strong> »Starke Familie« wurde am Beispiel<br />

des einkommensabhängigen Elterngeldes<br />

schon ausgeführt, dass solche Überlegungen<br />

zur ökonomischen Selbständigkeit<br />

unter einer demographischen Perspektive<br />

eine wichtige Voraussetzung sind, um die<br />

Ressourcen von Müttern <strong>und</strong> Frauen für<br />

Gesellschaft <strong>und</strong> Wirtschaft zu nutzen. Aber<br />

auch wenn ein solches System in Deutsch-<br />

land etabliert ist, das stärker auf die ökonomische<br />

Selbständigkeit von Frauen <strong>und</strong><br />

Müttern setzt, bleibt die Lebensform <strong>der</strong><br />

alleinerziehenden Mutter ökonomisch auch<br />

weiterhin gefährdet, wie internationale Vergleiche<br />

zeigen, denn häufig reicht ein Einkommen<br />

zur Finanzierung eines Haushalts<br />

mit Kin<strong>der</strong>n nicht aus. Wenn auch <strong>der</strong><br />

B<strong>und</strong> mit seiner Politik in <strong>der</strong> Lage sein<br />

sollte, diese ökonomischen Ressourcen zur<br />

Verfügung zu stellen, um ein solches neues<br />

Konzept dauerhaft zu realisieren, so ist<br />

doch davon auszugehen, dass die Skalenvorteile,<br />

die ein Haushalt durch das<br />

gemeinsame Wirtschaften ermöglicht, auf<br />

diese Weise nicht auszugleichen sind. Und<br />

genau hier gilt es wie<strong>der</strong> zu fragen, ob <strong>und</strong><br />

inwieweit sich durch kommunale Maßnahmen<br />

<strong>und</strong> die Stützung kleiner Netze auf<br />

kommunaler Ebene entsprechende Formen<br />

neuer Unterstützungsleistungen, wie sie<br />

später konkret beschrieben werden, etablieren<br />

lassen.<br />

Neben den Kin<strong>der</strong>n von alleinerziehenden<br />

Müttern wachsen in Deutschland vor allem<br />

Kin<strong>der</strong> aus Familien mit drei <strong>und</strong> mehr Kin<strong>der</strong>n<br />

in ökonomisch knappen Verhältnissen<br />

auf. Lange Zeit herrschte die Meinung vor,<br />

durch steuerliche Maßnahmen ließe sich<br />

eine horizontale Gerechtigkeit zwischen<br />

denjenigen, die keine Kin<strong>der</strong> haben, <strong>und</strong><br />

denen mit mehreren Kin<strong>der</strong>n herstellen.<br />

Dabei sollten auch Familien mit mehreren<br />

Kin<strong>der</strong>n durch Splitting, Kin<strong>der</strong>geld <strong>und</strong><br />

Kin<strong>der</strong>freibeträge ökonomisch so leistungsfähig<br />

gemacht werden, dass diese Kin<strong>der</strong> in<br />

ihren Lebenschancen nicht benachteiligt<br />

wären. Eine solche Konzeption kann aber<br />

nur so lange tragen, wie die Lebensformen<br />

aller, die zur Steuer herangezogen werden,<br />

in etwa übereinstimmen. Sobald es aber zur<br />

Regel wird, dass Alleinstehende <strong>und</strong> kin<strong>der</strong>lose<br />

Paare, wenn sie zusammenleben, unabhängig<br />

davon, ob sie verheiratet sind o<strong>der</strong><br />

nicht, über zwei Einkommen verfügen, die<br />

zu <strong>der</strong> hohen Besteuerung führen, wie wir<br />

sie in Deutschland kennen, ist ein solcher

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