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ginalität, setzt voraus, daß die Tätigkeit des unvergleichlichen Individuums<br />

in einer bestimmten Sphäre sich selbst von der Tätigkeit Gleicher unterscheidet.<br />

Unvergleichliche Sängerin ist die Persiani, eben weil sie Sängerin<br />

ist und mit andren Sängerinnen verglichen wird, und zwar von Ohren, welche<br />

durch die auf normaler Konstruktion und musikalischer Bildung beruhende<br />

Vergleichung zur Erkenntnis ihrer Unvergleichlichkeit befähigt sind. Unvergleichlich<br />

ist der Gesang der Persiani mit dem Gequake eines Frosches,<br />

obgleich auch hier eine Vergleichung stattfinden könnte, die aber dann eine<br />

Vergleichung zwischen Mensch und Frosch, nicht zwischen der Persiani und<br />

diesem einzigen Frosch wäre. Nur im ersten Fall ist von Vergleichung zwischen<br />

Individuen zu reden, im zweiten geht die Vergleichung ihre Art oder<br />

Gattungseigenschaft an. Eine dritte Art der Unvergleichlichkeit, die Unvergleichlichkeit<br />

des Gesanges der Persiani mit dem Schwänze eines<br />

Kometen, überlassen wir Sancho zu seinem „Selbstgenuß", da er ohnehin<br />

am „widersinnigen Urteil" solche Freude hat, aber selbst diese widersinnige<br />

Vergleichung hat in der Widersinnigkeit der heutigen Verhältnisse eine<br />

Realität. Das Geld ist der gemeinsame Maßstab aller, auch der heterogensten<br />

Dinge.<br />

Übrigens kommt Sanchos Unvergleichlichkeit wieder auf dieselbe Phrase<br />

hinaus wie die Einzigkeit. Die Individuen sollen nicht mehr an einem von<br />

ihnen unabhängigen tertium comparationis gemessen werden, sondern die<br />

Vergleichung soll zu ihrer Selbstunterscheidung, id est zur freien Entwicklung<br />

ihrer Individualität umschlagen, und zwar dadurch, daß sie sich die „fixen<br />

Ideen" aus dem Kopf schlagen.<br />

Übrigens kennt Sancho nur die Literaten- und Kannegießer-Vergleichung,<br />

die zu dem großartigen Resultate kommt, daß Sancho nicht Bruno und Bruno<br />

nicht Sancho ist. Die Wissenschaften dagegen, die erst durch die Vergleichung<br />

und die Feststellung der Unterschiede innerhalb der Sphären der Vergleichung<br />

zu bedeutenden Fortschritten gekommen sind und in denen die Vergleichung<br />

einen allgemein bedeutenden Charakter erhält, die vergleichende<br />

Anatomie, Botanik, Sprachforschung etc., kennt er natürlich nicht.<br />

Große Nationen, Franzosen, Nordamerikaner, Engländer, vergleichen<br />

sich fortwährend untereinander praktisch und theoretisch, in der Konkurrenz<br />

wie in der Wissenschaft. Kleinkrämer und Spießbürger wie die<br />

Deutschen, die die Vergleichung und Konkurrenz zu scheuen haben, verkriechen<br />

sich hinter den Schild der Unvergleichlichkeit, den ihnen ihr<br />

philosophischer Etikettenfabrikant liefert. Sancho hat nicht nur in ihrem,<br />

sondern auch in seinem eignen Interesse sich alle Vergleichung verbeten.

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