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ihre Sprache nur in die gewöhnliche Sprache, aus der sie abstrahiert ist, aufzulösen,<br />

um sie als die verdrehte Sprache der wirklichen Welt zu erkennen<br />

und einzusehen, daß weder die Gedanken noch die Sprache für sich ein eignes<br />

Reich bilden; daß sie nur Äußerungen des wirklichen Lebens sind.<br />

Sancho, der den Philosophen durch Dick und Dünn folgt, muß notwendig<br />

nach dem Stein der Weisen, der Quadratur des Zirkels und dem Lebenselixier<br />

suchen, nach einem „Wort", welches als Wort die Wunderkraft besitzt, aus<br />

dem Reich der Sprache'und des Denkens ins wirkliche Leben hinauszuführen.<br />

Sancho ist so angesteckt von seinem langjährigen Umgang mit Don Quijote,<br />

daß er nicht merkt, daß diese seine „Aufgabe", dieser sein „Beruf", selbst<br />

nichts weiter als eine Folge des Glaubens an seine dickleibigen philosophischen<br />

Ritterbücher ist.<br />

Sancho beginnt damit, die Herrschaft des Heiligen und der Ideen in der<br />

Welt abermals, und zwar in der neuen Form der Herrschaft der Sprache oder<br />

der Phrase, uns vorzuführen. Die Sprache wird natürlich zur Phrase, sobald<br />

sie verselbständigt wird.<br />

p. 151 nennt Sancho die jetzige Welt „eine Phrasenwelt, eine Welt, in<br />

deren Anfang das Wort war". Er beschreibt näher die Motive seiner Jagd auf<br />

das Zauberwort:<br />

„Es war die Spekulation darauf gerichtet, ein Prädikat zu finden, welches so allgemein<br />

wäre, daß es Jeden in sich begriffe ... Soll das Prädikat einen Jeden in sich begreifen,<br />

so muß ein Jeder darin als Subjekt erscheinen, d. h. nicht bloß als das, was er<br />

ist, sondern als der, der er ist." p. 152.<br />

Weil die Spekulation solche Prädikate, früher von Sancho als Beruf, Bestimmung,<br />

Aufgabe, Gattung usw. ausgesprochen, „suchte", „suchten" sich<br />

die wirklichen Menschen bisher „im Worte, im Logos, im Prädikat", p.153.<br />

Solange man bisher innerhalb der Sprache ein Individuum vom andern bloß<br />

als identische Person unterscheiden wollte, brauchte man den Namen. Sancho<br />

beruhigt sich aber nicht bei den gewöhnlichen Namen, sondern weil ihm die<br />

Spekulation die Aufgabe gestellt hat, ein Prädikat zu finden, was so allgemein<br />

wäre, daß es Jeden als Subjekt in sich begreift, so sucht er den philosophischen,<br />

abstrakten Namen, den „Namen", der über alle Namen ist, den<br />

Namen aller Namen, den Namen als Kategorie, der z.B. Sancho von Bruno<br />

und Beide von Feuerbach so präzis unterscheidet wie ihre eignen Namen und<br />

dennoch auf sie alle drei so gut wie auf alle andern Menschen und beleibte<br />

Wesen paßt - eine Neuerung, die in alle Wechselbriefe, Heiratskontrakte usw.<br />

die größte Verwirrung bringen und alle Notariats- und Zivilstandsbüros mit<br />

einem Schlage vernichten würde. Dieser wunderbare Name, dies Zauberwort,<br />

welches in der Sprache der Tod der Sprache ist, die Eselsbrücke zum

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