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Will er nun in ein „direktes Verhältnis" mit diesen Abnehmern treten,<br />

d.h. „sie bei den Köpfen fassen", so „interveniert" der Staat, „reißt den<br />

Menschen vom Menschen" (obgleich es sich nicht vom „Menschen", sondern<br />

vom Arbeiter und Arbeitgeber oder, was er durcheinanderwirft, vom<br />

Verkäufer und Käufer der Ware handelte), und zwar tut der Staat dies in der<br />

böswilligen Absicht, „um sich als Geist" (jedenfalls heiliger Geist)<br />

„in die Mitte zu stellen. Die Arbeiter, welche höheren Lohn verlangen, werden als<br />

Verbrecher behandelt, sobald sie ihn erzwingen wollen." p. 337.<br />

Hier haben wir wieder einmal eine Blütenlese des Unsinns. Herr Senior<br />

hätte seine Briefe über den Arbeitslohn 11341 sparen können, wenn er sich vorher<br />

in ein „direktes Verhältnis" zu Stirner gesetzt hätte; besonders da in diesem<br />

Falle der Staat wohl nicht „den Menschen vom Menschen gerissen" haben<br />

würde. Sancho läßt hier den Staat dreimal auftreten. Zuerst „beschwichtigend",<br />

dann preisbestimmend, zuletzt als „Geist", als das Heilige. Daß<br />

Sankt Sancho nach der glorreichen Identifikation des Privat- und Staatseigentums<br />

den Staat auch den Arbeitslohn bestimmen läßt, zeugt von gleich<br />

großer Konsequenz und Unbekanntschaft mit den Dingen dieser Welt. Daß<br />

„die Arbeiter, welche höheren Lohn erzwingen wollen", in England, Amerika<br />

und Belgien keineswegs sogleich als „Verbrecher" behandelt werden, sondern<br />

im Gegenteil oft genug diesen Lohn wirklich erzwingen, ist ebenfalls<br />

ein unsrem Heiligen unbekanntes Faktum und zieht durch seine Legende<br />

vom Arbeitslohn einen großen Strich. Daß die Arbeiter, selbst wenn der<br />

Staat nicht „in die Mitte träte", wenn sie ihre Arbeitgeber „bei den Köpfen<br />

fassen", damit noch gar nichts gewinnen, noch viel weniger als durch Assoziationen<br />

und Arbeitseinstellungen, solange sie nämlich Arbeiter und ihre<br />

Gegner Kapitalisten bleiben - das ist ebenfalls ein Faktum, das selbst in<br />

Berlin einzusehen wäre. Daß die bürgerliche Gesellschaft, die auf der Konkurrenz<br />

beruht, und ihr Bourgeoisstaat ihrer ganzen materiellen Grundlage<br />

nach keinen andern als einen Konkurrenzkampf unter den Bürgern zulassen<br />

können und nicht als „Geist", sondern mit Bajonetten dazwischentreten<br />

müssen, wenn die Leute sich „an den Köpfen fassen", braucht ebenfalls<br />

nicht auseinandergesetzt zu werden.<br />

Übrigens stellt Stirners Einfall, daß nur der Staat reicher werde, wenn<br />

die Individuen auf der Basis des bürgerlichen Eigentums reicher werden,<br />

oder daß bisher alles Privateigentum Staatseigentum gewesen sei, das historische<br />

Verhältnis wieder auf den Kopf. Mit der Entwicklung und Akkumulation<br />

des bürgerlichen Eigentums, d. h. mit der Entwicklung des Handels<br />

und der Industrie wurden die Individuen immer reicher, während der Staat<br />

immer verschuldeter ward. Dies Faktum trat schon hervor in den ersten italie-

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