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Waffenstillstandes, die Werbung für die Volkswolir an. Und liier nun<br />
setzte die Aktion der Sozialdemokratie ein.<br />
Der Gedanke lag nalie, die Ersatzkörper der alten Armee als Kadres<br />
der aufzustellenden Volkswehr zu verwenden. Aber der Gedanke war gefährlich.<br />
Bei den Ersatzkürpern sammelten sich die Berufsoffiziere der<br />
alten Armee, die letzten Träger des altösterreichischen, der Monarchie ergebenen<br />
Geistes. Sollte die Yolkswehr nicht zu ihrem Werkzeug werden, so<br />
mußte ihre Aufstellung vollständig unabhängig von den Formationen der<br />
k. u. k. Armee erfolgen. Das war es, was Julius Deutsch zunächst im<br />
iStaatsaml für Heerwesen durchsetzte. Man gab nunmehr den aussichtslosen<br />
Kampf gegen die sofortige Demobilisierung der Mannschaften auf, die<br />
noch bei den Ersatzformationen im Hinterland verblieben waren oder die<br />
mit ihren Abteilungen von der Front heimkehrten. Die sofortige Entlassung<br />
aller Mannschaften und Reserveoffiziere wurde nunmehr geradezu angeordnet;<br />
die sich zunächst noch bei den Ersatzkadern der alten Armee<br />
sammelnden Offiziere wurden ungefährlich, da sie über keine Mannschaft<br />
mehr verfügten. Dafür aber stellte man völlig unabhängig von diesen Ersatzkadern<br />
die Volkswehrbataillone auf.<br />
Die Bauernsöhne eilten in ihre Dörfer zurück, um sich nach den<br />
Hungerjahren ihrer Kriegsdienstzeit endlich wieder sattzuessen, und die<br />
Söhne des Bürgertums lockte nichts in die Volkswehr. Anders die industrielle<br />
Arbeiterschaft. Die Kriegsindustrie stellte ihre Produktion ein.<br />
.Zehntausende Arbeiter wurden arbeitslos. Zehntausende, die von der Front<br />
zurückkehrten, fanden keine Arbeit. Der vergleichsweise hohe Sold von<br />
sechs Kronen lockte die Arbeitslosen in die Volkswehr. So setzten sich die<br />
Volkswehrbataillone fast ausschließlich aus Industriearbeitern zusammen.<br />
Freilich, es waren zumeist politisch ungeschulte, durch den Krieg verwilderte,<br />
für die Lockungen alles politischen Abenteurertums, für die Versuchungen<br />
der Revolutionsromantik jener Tage sehr empfängliche<br />
Menschen, die sich in den ersten Tagen in den neuen Bataillonen<br />
sammelten; und auch nicht wenige verbrecherische Elemente hatten sich<br />
zum Söldnerdienst gemeldet. Diese Masse unter feste Führung zu stellen,<br />
sie vor dem drohenden Mißbrauch ihrer politischen Naivität zu schützen<br />
und die lumpenproletarischen Elemente aus ihr hinauszudrängen, das war<br />
nun die Aufgabe der Sozialdemokratie.<br />
Auch während des Krieges waren die Verbindungen zwischen den Genossen<br />
in den Kasernen und den Organisationen der Partei nie ganz abgerissen.<br />
Die zum Ivriegsdienst eingerückten Genossen verkehrten in den<br />
Arbeiterheimen und brachten ihre Beschwerden in die Parteisekretariate.<br />
Im Sommer 1918 hatte Julius Deutsch diese lockere Verbindung zu<br />
den Wiener Kasernen verdichtet und organisiert. Er hatte in jedem Truppenkörper<br />
einige Genossen als Vertrauensmänner bestimmt, die in persönlicher<br />
Verbindung mit ihm blieben. Während des Krieges diente dieses Vertrauensmännersystem<br />
nur dem Zwecke, uns über alles, was in den<br />
Kasernen vorging, zu informieren. Jetzt aber konnten wir uns dieser Vertrauensmänner<br />
bedienen, auf die Bildung der Volkswehr Einfluß zu gewinnen.<br />
Sie vor allem waren es, die, in die sich formierenden Bataillone<br />
übertretend, möglichst viele verläßliche Genc/;sen aus den Kaders der alten<br />
Armee in die Bataillone der Volkswehr überzuführen, die Wahl der Soldaten-<br />
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