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Staatsfinanzen geleislol werden können. Aber dem stellten sich politische-<br />
IJindernisso entgegen.<br />
Die Großdeutschen lehnten den Vertrag von Lana leidenschaftlich ab.<br />
Sie beriefen ihren Vertreter Dr. Waber aus der Regierung ab und traten in<br />
Opposition gegen die Regierung. Die llegierung hatte ira Nalionalrat keine<br />
aktionsfähige Mehrheit mehr. Die Sozialdemokratie konnte nicht wünschen,<br />
daß die llogierung wegen der Verständigung mit der Tschechoslowakei<br />
stürze und daß die eben erst begonnene, der Richtung unseres Finanzplanes<br />
folgende Finanzpolitik durch politische Krisen unterbrochen werde.<br />
Deshalb beschlossen die sozialdemokratischen Abgeordneten am<br />
16. März 1922 eine Resolution, in der sie sich bereit erklärten, die Regierung<br />
zu unterstützen, falls der Inhalt der weiter zu treffenden finanzpolitischen<br />
Maßregeln von der Regierung mit den sozialdemokratischen Abgeordneten<br />
vereinbart würde. Aber obwohl die Regierung über die großdeutschen<br />
Stimmen nicht mehr verfügte, nahm sie dieses Anerbieten der<br />
Sozialdemokratie nicht an; sie machte keinen Versuch, sich mit uns über<br />
die weitere Richtung der Finanzpolitik zu verständigen.<br />
Dieses Verhalten der Regierung war die Wirkung der heftigen Oppo^<br />
sition, die die Finanzpolitik Gürtlers im kapitalistischen Lager geweckt<br />
hatte.' Schon im November hatte die Börse gegen Gürtlers hohe Börsenbesuchsabgabe<br />
durch einen Streik demonstriert. Im Dezember hatten die<br />
Bankumsatzsteuer und das Valutenanmeldungsgesetz das Finanzkapital<br />
erbittert. Die kapitalistische Presse schrie, der Finanzminister stehe unter<br />
dem Diktat der Sozialdemokratie. Dieser Schrei fand Widerhall in dem<br />
von Seipel kommandierten Wiener klerikalen Lager, das es unerträglich<br />
fand, daß die Sozialdemokratie die^ Politik der bürgerlichen Regierung<br />
wirksam beeinflußte. Gürtler stieß auf erstarkende Opposition in seiner<br />
eigenen Partei. Er fürchtete jede Verständigung mit der Sozialdemokratie,<br />
seitdem er täglich beschuldigt wurde, daß er unter unserem Diktat stehe..<br />
Aber auch die sachlichen Schwierigkeiten einer Verständigung waren sehr<br />
groß. Nach dem Abbau der Lebensmittelzuschüsse war das Defizit der<br />
Staatsbetriebe die schwerste Belastung des Staatshaushaltes. Wir verlangten<br />
darum als nächste finanzpolitische Maßregel die administrative und<br />
finanzielle Verselbständigung der Staatsbetriebe unter selbständiger, nach<br />
dem Vorbild der gemeinwirtschaftlic'hen Anstalten zu organisierender Verwaltung.<br />
Die Bourgeoisie sah in dieser Forderung einen Vorstoß für die<br />
..Sozialisierung". Seipel lehnte unseren Organisationsplan öffentlich ab, ehenoch<br />
Verhandlungen mit Gürtler über ihn möglich gewesen wären.<br />
Da die Regierung die Unterstützung der Großdeutschen verloren, sich<br />
mn die ihr angebotene Unterstützung der Sozialdemokraten nicht beworben<br />
i-iatte, verfügte sie über keine aktionsfähige Mehrheit mehr. Die Finanzpolitik<br />
stockte vollständig. Indessen wurde der englische Kredit schnell<br />
verbraucht. Gürtler hatte, um die Kapitalskrise der Industrie zu mildern,,<br />
die Österreichisch-Ungarische Bank zur Wiederaufnahme des Diskontogeschäftes<br />
in größerem Umfang bewogen. Die Eskomptierung von Finanzwechseln<br />
in großen Beträgen führte dem "Finanzkapital große Mittel zu, die<br />
seine Nachfrage nach Devisen vergrößerten. Der Finanzminister mußte aus<br />
den englischen Kreditvaluten Zahlungsmittel abgeben, damit diese Nachfragedie<br />
Valutenkurse nicht emportreibe. So benützten die Banken die Noten, die-<br />
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