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aus allgemeinen Volkswahlen hervorgehenden Nationalrales doppelt bescliriinken:<br />
neben den Nationalrat sollte als gleichberechtigte zweite Kammer<br />
ein von den Landtagen gewählter Bundesrat treten; und den beiden<br />
Kammern sollte ein Bundespräsident mit großen Befugnissen entgegengestellt<br />
werden. In den Bundesrat sollte jedes Land gleich viele Vertreter<br />
entsenden-, \'orarlberg mit seinen 140.000 Einwohnern ebenso viele wie<br />
Wien mit seinen 1,800.000 Einwohnern. So sollten der Bundespräsident und<br />
der Bundesrat als Organe bürgerlicher Klassenherrschaft die Macht de»<br />
demokratischen Nationalrates einengen. Es gelang, diesen Anschlag vollständig<br />
abzuwehren. Zwar stimmten wir der Einsetzung eines Bundespräsidenten<br />
und eines Bundesrates zu. Aber beider Befugnisse wurden so<br />
eng umgrenzt, daß die durch die Revolution begründete Herrschaft des aus<br />
allgemeinen Volkswahlen hervorgegangenen Parlaments ungeschmälert<br />
blieb. Und die Zusammensetzung des Bundesrates wurde so geregelt, daß<br />
die Arbeiterklasse in ihm ebenso stark, derzeit sogar etwas stärker vertreten<br />
ist als im Nationalrat.<br />
Ein Katalog der ,,Menschen- und Bürgerrechte" konnte in die Bundesverfassung<br />
nicht aufgenommen werden, da sich die Parteien über die Regelung<br />
der Beziehungen der Kirche zum Staat und zur Schule nicht einigen<br />
konnten. Doch wurden einige besonders wichtige „Grund- und P'reiheitsrechte",<br />
die die Revolution erobert hatte, als Verfassungsgrundsätze in der<br />
Verfassung festgelegt. So schließt die Verfassung alle „Vorrechte der Geburt,,<br />
des Geschlechtes, des Standes, der Klasse und des Bekenntnisses" aus. Sie<br />
sichert allen öffentlichen Angestellten einschließlich der Angehörigen des<br />
Bundesheeres die ungeschmälerte Ausübung ihrer politischen Rechte. Sie<br />
legt für alle Vertretungskörper im Bunde, den Ländern und den Gemeinden<br />
das allgemeine und gleiche Wahlrecht aller Bundesbürger ohne Unterschied<br />
des Geschlechtes, das Verhältniswahlrecht, das Verbot aller Wahlrechtsbeschränkungen<br />
fest. Sie erklärt den Beschluß der Provisorischen Nationalversammlung<br />
über die Aufhebung der Zensur und der Beschränkungen der<br />
Vereins- und Versammlungsfreiheit, die Gesetze über die Landesverweisung<br />
der Habsburger und über die Aufhebung des Adels für Bestandteile der Verlassung.<br />
Sie hebt das Recht der Regierung, den Ausnahmezustand zu verhängen,<br />
auf.<br />
Neben dem Wehrgesetz ist die Bundesverfassung das wichtigste Ergebnis<br />
dieser Entwicklungsphase. Diese beiden Gesetze gaben der Republik<br />
ihre wichtigsten, grundlegenden Institutionen. In einer Zeit des Rückflutens<br />
der revolutionären Welle erlassen, hatten beide Gesetze die Aufgabe,,<br />
die wesentlichsten Errungenschaften der vorausgegangenen revolutionären<br />
Periode zu kodifizieren, sie aus Improvisationen der Revolutionszeit in<br />
dauerhafte Institutionen der Republik zu verwandeln. In diesem Sinne<br />
stellen diese beiden Gesetze den legislativen Abschluß der Revolutionsperiode<br />
dar.<br />
Mit diesen beiden Gesetzen hatte die Konstituierende Nationalversammlung<br />
ihre Aufgaben erfüllt. Am 17. Oktober wurde der erste<br />
Nationalrat gewählt. Die Wahlergebnisse zeigten", daß die Massen der Arbeiter<br />
unerschütterlich im Lager der Sozialdemokratie standen; die Kommunisten<br />
erlangten eine ganz unbeträchtliche Stimmenzahl. Aber die<br />
Y^ahlergebnisse zeigten auch, daß Massen von Beamten, Angestellten^<br />
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