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führung des Achtstundentages nicht gewehrt; jetzt, da der Achtstundentag<br />
es i% der Ausnützung der Hochkonjunktur beschränkte, klagte es über die<br />
„sozialpolitischen Experimente". Es hatte in der Zeit der schweren revolutionären<br />
Erschütterung die neue sozialpolitische Gesetzgebung ohne<br />
Widerstand hingenommen; jetzt begann es wieder, sich gegen die „sozialpolitischen<br />
Lasten" aufzulehnen. Das industrielle Unternehmertum begann<br />
nun, alle besitzenden Klassen gegen die Machtstellung der Arbeiterklasse<br />
im Staat zu organisieren.<br />
Aber die Geldentwertung stellte nicht nur den Handel, das Gewerbe,,<br />
die Industrie wieder her. Sie rief auch eine folgenschwere Umschichtung<br />
innerhalb der ganzen Bourgeoisie hervor. Unter den Wirkungen der Geldentwertung<br />
ist eine neue Bourgeoisie entstanden, ist das alte Bürgertum<br />
zugrunde gegangen.<br />
Zunächst wurden durch die Geldentwertung diejenigen Schichten der<br />
alten Unternehmerklasse begüristigt, deren Unternehmungen in Wien ihre<br />
Büros, aber außerhalb Deutschösterreichs, zumeist in der Tschechoslowakei,<br />
ihre Fabriken haben. Diese Unternehmer bezogen ihr Einkommen in<br />
tschechischen, sie verausgabten es in österreichischen Kronen. Sie vor<br />
allem waren daher die Nutznießer der großen Differenz zwischen dem<br />
inneren und dem äußeren Wert der Krone. Neben ihnen zog eine neue<br />
Schicht der Bourgeoisie aus dieser Differenz große Gewinne. Aus Valutenspekulation<br />
und Schiebertum entstanden neue große Vermögen. Die<br />
schweren Hindernisse, die die staatliche Gesetzgebung der Valutenspekulation<br />
und dem Schiebertum entgegenzustellen versucht hatte,<br />
konnten nur von besonders gerissenen, besonders bedenkenlosen Händlern<br />
überwunden werden. Es waren Methoden der „ursprünglichen Akkumulation"<br />
in Marxens Sinne, aus deren Anwendung die neuen großen Vermögen<br />
entstanden. Den an die normalen Formen kapitalistischer Betätigung<br />
in bochindustriellem Milieu gewohnten Kapitalisten waren diese<br />
Methoden nicht vertraut. Desto besser vertraut waren sie dem Händlertum<br />
aus den agrarischen Ländern des Ostens, wo das Kapital, noch gleichsam^<br />
in den Poren tiner noch vorkapitalistischen Gesellschaft lebend, noch die<br />
brutaleren und korrxiplercn Methoden der „ursprünglichen Akkumulation'<br />
anzuwenden gewohnt war. Die galizischen Juden, die der Krieg in großen<br />
Massen na-^h Wien gev/orfen hatte, die ungarischen Händler, die vor der<br />
Revolution in Österreich Zuflucht gi^sucht hatten, stellten zu den Nutznießern<br />
der Geldentwertungskonjunktur ein starkes Kontingent. Und zu ihnen<br />
gesellten sich noch d'e zahlreiiiheii „Goldsucher" aus den valutastarken<br />
Ländern, die nach Österreich kamen, um die Konjunktur' des „Ausverkaufs"<br />
auszunützen. So entwickelte sich aus der Geldentwertungskonjunktur eine<br />
neue Bourgeoisie, die zum großen Teil aus landfremden, kulturell '.iefstehenden<br />
Elementen, die ihren Erfolg ihrer geschäftlichen Findigkeit und<br />
ihrer moralisciicn Skrupellosigkeit verdanken, zusammengesetzt ist. Es war<br />
wahr geworden, was der junge Friedrich Engels im Jahre 1848, wenige<br />
Wochen vor der österreichischen Märzrevolution, vorausgesagt hatte: ,,daß<br />
es recht gemeine, recht schnmtzige, recht jüdische Bourgeois sein werden,<br />
die dies altehrwürdige Reich ankaufen". Der kulturlose Luxus der an der<br />
Not des Landes bereicherten neuen Bourgeoisie erbitterte die Volksmasse.<br />
Eine Welle des Antisemitismus ergoß sich über das Land.<br />
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