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im Gegensatz zwischen dem deutschen Liberalismus und dem im Gefolge<br />

des Feudaladcls cinhcrgehenden österreichischen Klerikalismus; er findet<br />

in der letzten Generation vor dem Kriege seinen Ausdruck in den Kämpfen<br />

zwischen Schönerer und Lueger, zwischen Deulschnationalen und<br />

Christlichsozialen. Die altöslerrcichische Tradition lebt fort im Altwiener<br />

Patriziat, in dem Wiener Kleinbürgertum, in der vom katholischon Klerus<br />

erzogenen Bauernschaft der Alpenländer. Die deutsche Tradition lebt fort<br />

in der Intelligenz, die in den Grenzgebieten, wo der Kampf gegen die slawischen<br />

Nachbarn im Norden und im Süden die Gemüter beherrscht, Kleinbürger<br />

und Bauern mit ihrem Denken und Fühlen erfüllt.<br />

Die große europäische Krise, die seit 1908 das Deutsche Beich und<br />

Österreich-Ungarn vereiijit einer Welt von Feinden gegenüberstellte, überwand<br />

diesen Gegensatz. Deutscher Nationalismus und österreichischer<br />

Patriotismus schlugen nun in eins zusammen. Der österreichische Patriotismus<br />

sah sein Beich bedroht; seit 1897 zerreiß't der Kampf zwischen<br />

Tschechen und Deutschen den Staat, seit 1903 wächst gefahrdrohend die<br />

Gärung im slawischen Süden, seit 1905 in Galizien; der österreichische<br />

Patriotismus hoffte auf Franz Ferdinand, den Thronfolger, der mit kriegerischer<br />

Tat den äußeren Feind niederw^erfen, das Beich im Innern erneuern<br />

werde. Der deutsche Nationalismus sah Deutschland bedroht: seit 1908,<br />

seit der Zusammenkunft von Beval, steht Deutschland dem furchtbaren<br />

Bündnis der Westmächte mit Bußland gegenüber; der deutsche Nationalismus<br />

hoffte auf den Krjeg, der den Feind niederschmettern w^erde, ehe<br />

russisches Bevölkerungswachstum und russische Eisenbahnbauten die Gefahr<br />

vergrößern. Schon während der Annexionskrise 1908/09, schon während<br />

des Balkankrieges 1912 drängten führende Kreise der Christlichsozialen<br />

sowohl w^ie der Deutschnationalen zum Kriege. Als 1914 der Krieg kam,<br />

war es ihr Krieg. Den einen war es der Krieg für Österreichs Behauptung<br />

und Erneuerung, den anderen der Krieg für Deutschlands Macht und Größe.<br />

Beide aber jubelten dem Kriege zu, beide stützten den Kriegsabsolutismus<br />

der ersten Kriegsjahre, beiden galt der Kampf der slawischen Völker um<br />

ihre Befreiung als Hochverrat, den eine eiserne Hand nieder\verfen müsse.<br />

Der Gegensatz zwischen dem Deutschtum und dem Österreichertum des<br />

deutschösterreichischen Bürgertums schien überwunden.<br />

In ganz anderer Gestalt wiederholt sich der Gegensatz zwischen dem<br />

Deutschtum und dem Österreichertum in der Geschichte der deutschösterreichischen<br />

Sozialdemokratie.<br />

Die Revolution von 1848 hatte die Demokratie zum erstenmal vor das<br />

österreichische Problem gestellt. Italiener, Ungarn und Polen kämpften<br />

damals um ihre Befreiung aus Habsburgs Fesseln. Das deutsche Volk aber<br />

rang nach seiner Einheit und Freiheit. An die Stelle der erbärmlichen<br />

Kleinstaaterei im Deutschen Bunde ein einheitliches Deutsches Reich zu<br />

setzen war das nationale Ziel der deutschen Revolution von 1848. Aber<br />

der Erreichung dieses Zieles stand der österreichische Staat im Wege. In<br />

ihm waren deutsche Bundesländer — Westösterreich vom Riesengejpirge<br />

bis zur Adria — mit Ungarn, mit Galizien, mit der Lombardei und Venetien<br />

vereinigt. Der deutsche Norden wollte die deutschen Bundesländer Österreichs,<br />

aber nicht seine italienischen, ungarischen und polnischen Provinzen<br />

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