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tariat auf den Plan rufen, ihre eigene Klassenherrschaft gefährden mußte><br />
Sie brach nun vollends mit der ganzen überlieferten Ideologie des nationalen<br />
Aufstandes, der nationalen Unabhängigkeit. Dmowski führte die<br />
Nationaldeniokraten. die führende Partei der polnischen Bourgeoisie, zur<br />
Versöhnung mit Rußland. Die Revolution hatte Rußland die Verfassung<br />
gebracht. Auf dem Boden der Duma begegneten die Vertreter der polnischen<br />
Bourgeoisie den russischen Liberalen, die im Kampfe gegen die Bürokratie<br />
nicht abgeneigt schienen, Polen die Autonomie innerhalb des russischen.<br />
Reiches zuzubilligen. Auf den Aufstieg des russischen Liberalismus setzten<br />
die Nationaldemokraten fortan ihre Hoffnung, die Autonomie Polens innerhalb<br />
des russischen Imperiums war fortan ihr Ziel.<br />
Die preußische Polenpolitik förderte diese Annäherung der polnischen<br />
Bourgeoisie an Rußland. Im Jahre 1904 hatte Preußen ein Ausnahmegesetz<br />
gegen den polnischen Landerwerb erlassen. Im Jahre 1907 folgte das Enteignungsgesetz,<br />
das den polnischen Grundbesitz mit zwangsweiser Enteignung<br />
bedrohte. Zugleich hatte das deutsche Vereinsgesetz den Gebrauch der<br />
polnischen Sprache in Versammlungen verboten. Während sich Russisch-<br />
Polen mit der Revolution von 1905 doch wenigstens die freie Entwicklung^<br />
des privaten polnischen Volks- und Mittelschulwesens erobert hatte, griff<br />
Preußen zu Ausnahmegesetzen, die den Polen gewaltsame Verdrängung<br />
von ihrem heimischen Boden ankündigten. Ein Sturm der Entrüstung ging<br />
durch die polnischen Lande. Nicht Rußland, sondern Deutschland erschien<br />
nun als der gefährlichste Feind der Nation. Der Gedanke der slawischen<br />
Interessengemeinschaft gegen die Deutschen gewann nun auch in Polen<br />
Kraft; 1908 erschienen polnische Vertreter auf dem Panslawistenkongreß^<br />
in Prag.<br />
Wandte sich die polnische Bourgeoisie von dem Gedanken der nationalen<br />
Unabhängigkeit ab, so stieß sie in den Volksmassen Russisch-Polens auf<br />
keinen Widerstand. Die Bauernschaft hatte dort an der Tradition der Schlachzizenaufstände<br />
von 1831 und 1863 keinen Anteil; in jedem Bauerndorf<br />
erinnerten Kreuze und Steindenkmäler daran, daß der polnische Bauer<br />
erst nach der Niederwerfung des Adelsaufstandes von 1863 aus den Händen<br />
des russischen Zaren den Boden der polnischen Schlachta empfangen hatte.<br />
Die Arbeiterschaft, aus diesem bäuerlichen Milieu aufgestiegen, war in<br />
der Revolution von 1905 in den Strudel der russischen Klassenkämpfe<br />
hineingeraten. Während der Revolution hatte in der P. P. S., der Polnischen<br />
Sozialistischen Partei, die „Linke" die Mehrheit erlangt, die — ebensa<br />
wie früher schon die von Rosa Luxemburg begründete S. D. K. P. i. L.<br />
(Sozialdemokratie des Königreiches Polen und Litauens) — den gemeinsamen<br />
revolutionären Klassenkampf des russischen und des polnischen<br />
Proletariats proklamierte, jeden besonderen nationalen Kampf des polni<br />
sehen Proletariats für nationale Ziele ablehnte, die nationale Autonomie<br />
Polens durch die Revolution des russischen Proletariats erreichen wollte.<br />
So ist erst durch die Revolution von 1905 das Königreich auch geistig von<br />
Rußland annektiert worden: sowohl die Bourgeoisie als auch das Proletariat<br />
verbündeten sich mit ihren Klassengenossen in Rußland, sie setzten<br />
auf die innere Umwälzung in Rußland ihre Hoffnungen, sie setzten der<br />
Nation die Autonomie innerhalb Rußlands als Ziel.<br />
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