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.<br />

die Trümmer der zerfallenen Stadt besichtigt, zu fanden und Lösegeld Tür<br />

ihre Befreiung zu fordern; das nennen sie Verniögcnsabgahe. Am Randfr<br />

der Stadl aber liausen in Erdiiöhlen noch vertierte Menschen; unter ihnen<br />

geht die Sage, daß einst in ihrer Mitte niächtige Dämonen gelebt haben^<br />

die man Betriebsräte genannt hat ...<br />

Dann, als sich Wiens Wirtschaftsleben wicderlierzustellen begann,<br />

sah die Intelligenz zwar nicht mehr den Untergang ihrer Stadt, aber doch<br />

noch den Untergang ihrer Klasse. Für sie, für den verelendeten Mittelstand<br />

gibt es keine Zukunft in der Stadt mehr. Es ist die Stimmung, in der<br />

Rudolf Hans Bartsch seinen ,<br />

.Landstreicher" geschrieben hat. Zur Scholle<br />

müssen wir zurück, wenn wir noch leben wollen. Bauern müssen wir<br />

werden; aber freilich „sublimierte Bauern, Bücher lesende Bauern, Musik<br />

hörende Bauern". Und der Dichter, von allem anderen Geschehen der<br />

Revolutionszeit angewidert, feiert überschwenglich die Kleingarten- und<br />

Siedlerbewegung als den Beginn der Rückkehr zur Scholle.<br />

Gegen das emporsteigende Schiebertum auf der einen, gegen die<br />

erstarkte Arbeiterklasse auf der anderen Seite richtete sich der Haß der<br />

wirtschaftlich verelendeten Intelligenz. Es war bürgerliche Durchschnittsauffassung<br />

des Geschehens, was Thaddäus Rittner in seinem Roman<br />

„Geister in der Stadt" zu einer von feiner Ironie durchzogenen Erzählung<br />

gestaltete. Da herrschen in der Stadt „die Muskeln und die Finanzen". Ihre<br />

Dienerschaft aber setzt sich aus Künstlern und Gelehrten zusammen; sie<br />

bilden nun die .niederste Schicht der Gesellschaft". Sie bemühen sich,<br />

,<br />

möglichst unmanierlich zu essen und möglichst ungebildet zu reden, um<br />

nur ihren neuen Herren zu gleichen. Sie verbeugen sich tief vor jedem<br />

„Straßenkehrer und Tramwayschaffner". Es ist der „Sieg der Materie über<br />

den Geist". Aber plötzlich entsteht in der Sta^dt ein Gespenstertheater, das<br />

bald alle vergiftet. Da spricht man mit einem Male wieder von anderen<br />

Dingen als vom Gelde. Das Bedürfnis nach Kunst und Wissenschaft<br />

entsteht wieder. Und nun können es plötzlich die Unterdrücken, die<br />

Künstler und Gelehrten, wieder wagen, Forderungen zu stellen. Nun<br />

bekommen mählich sie wieder die Oberhand. Die Zeit kommt, wo sich<br />

wieder die manuellen Arbeiter geknechtet fühlen, wieder sie sich gegen die<br />

herrschenden Intellektuellen verschwören werden . .<br />

Das gebildete Bürgertum sieht seine Zeit wieder kommen. Freilich,<br />

die alte Herrschaft in dem weiten Reiche ist zerstört. Alter Reichtum ist<br />

vernichtet. Aber man kann sich auch im engeren Räume ein neues Hausbauen.<br />

Franz Werfet gestaltet dieser Hoffnung den Mythos in seinem<br />

Gospo-<br />

„Bocksgesang".* Da hat sich der „Ungetaufte", das Halbtier, das der<br />

dar Milic in seinem Stalle gehalten hat, von seinen Fesseln gerissen; und<br />

sein Anblick hat die Revolte der „Landlosen" entfesselt. Es ist das<br />

Ungetaufte, Ungezügelte, das Tierisch-Dämonische im Menschen, Vi^as die<br />

Revolution entfesselt hat; und die satanische Messe, der Kult des Tierisch-<br />

Dämonischen ist ihr Inhalt. Aber die Janitscharen kommen und werfen die<br />

„Landlosen" nieder. Wohl ist der Besitz des Gospodars zerstört; aber von<br />

der ewigen Furcht vor dem Ungetauften befreit, der Last der Herrschaft<br />

und des Besit>.es ledig, geht er daran, sich ein neues Haus zu bauen, um<br />

mit seinem Weibe ärmer zwar, aber glücklicher zu wohnen.<br />

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