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Kircho verzichteten, um dafür das Recht auf den Urlaub einzutauschen,<br />
l'ür die Wiederherstelhing der durch Krieg und Unterernährung erschültcrleu<br />
Volksgesundheit aber bedeutet ein ununterbrochener ein- oder zweiwöchiger<br />
Urlaub im Jahre unzweifelhaft mehr als die Arbeitsruho an einigen über<br />
das ganze Jahr verstreuten Feiertagen. Neben dem Achtstundenlaggesetz<br />
hat das Gesetz über die Arbeiterurlaubc wohl am meisten dazu beigetragen,<br />
daß sich die Gcsundheitsverliältiüsse in den ersten drei Jahren nach dem<br />
Kriege erstaunlich schnell gebessert haben. Nicht geringer aber als die<br />
voikshygienische ist die kulturelle Bedeutung der beiden Gesetze. Die Verkürzung<br />
der täglichen Arbeitszeit hat den Arbeitern erst die Muße gesichert<br />
zu jener reichen kulturellen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen<br />
l^etätigung, über die wir noch zu berichten haben werden. Die Einführuiig<br />
der Arlieiterurlaube hat die ungeahnte Entwicklung der Arbeitertourislik.<br />
ermöglicht, die den Arbeitern edlere, ihrer körperlichen und geistigen Entwicklung<br />
förderlichere Erholungsfreuden erschlossen hat, als sie sie vordemi<br />
gekannt haben.<br />
Aber nicht nur in diesen Gesetzen spiegelte sich die neuerrungene politische<br />
Machtstellung der Arbeiterklasse. Die Arbeiterklasse mußte vielmehr<br />
die Vormachtstellung in der Republik, die sie der Revolution verdankte,<br />
ausnützen, um das ganze System unserer sozialpolitischen Gesetzgebung<br />
den neuen Machtverhältnissen anzupassen. So war denn dasganze<br />
erste Jahr der Republik von fruchtbarer sozialpolitischer .Gesetzgebungsarbeit<br />
erfüllt. Das Arbeiterrecht wurde durch die Abschaffung des<br />
Arbeitsbuches und der Abschaffung der Strafbarkeit des Kontraktbruches<br />
der Arbeiter neugestaltet, die Arbeiterschutzgesetzgebung durch die Gesetze<br />
über das Verbot der Nachtarbeit der Frauen und der Jugendlichen, über dio<br />
Regelung der Kinderarbeit und der Heimarbeit, durch Sondergesetze für die-<br />
Bäcker, für den Bergbau, für das Handelsgewerbe ausgebaut.<br />
Aber so wichtig auch diese sozialpolitische Arbeit war, dem drängendert<br />
Bedürfnis der Zeit konnte der bloße Ausbau der herkömmlichen sozialpolitischen<br />
Gesetzgebung einer vergangenen Geschichtsepoche nicht genügen.<br />
Die Arbeiterschaft forderte mehr. Die Arbeiterschaft drängte nach<br />
der Umwälzung der ganzen Produktionsverfassung. Sozialisierung war das-<br />
Schlagwort des Tages. Aber das Schlagwort bedeutete im Munde der Arbeiter<br />
etwas anderes als im Munde der Bürokraten. Den in der Schule der<br />
Kriegswirtschaft erzogenen Bürokraten war Sozialisierung staatliche Organisierung<br />
und Reglementierung der Volkswirtschaft. Den Arbeitern bodeutete<br />
Sozialisierung etwas ganz anderes. Die Arbeiter wollten nicht mehr<br />
lebende Werkzeuge der Unternehmer sein. Der Arbeiter wollte mitherrschen,,<br />
wo er mitarbeitete; die Industrie mitregieren, in der er mitproduzierte..<br />
Sollte auch nur der erste Schritt zur Sozialisierung im Sinne der Arbeiter<br />
erfolgen, so galt es vor allem, die Arbeiterschaft jedes Betriebes als<br />
ein Ganzes, als eine Gemeinde zu konstituieren und sie mit eigenen Organen<br />
auszustatten, die in ihrem Auftrage den Betrieb ihrer Kontrolle, ihrer Mitbestimmung<br />
unterwerfen sollen. Dahin drängte die Arbeiterklasse überall..<br />
In Rußland hatte der Bolschewismus sofort nach der Oktoberrevolution Betriebsräte<br />
als Organe der „Arbeiterkontrolle in den Betrieben" geschaffen..<br />
In Deutschland waren Arbeiterausschüsse schon in der Kriegsindustrie ent^<br />
standen. In England hatte die Whitley-Kommission im Wiederaufbau-<br />
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