eingescanntes Buch (PDF) - WordPress – www.wordpress.com
eingescanntes Buch (PDF) - WordPress – www.wordpress.com
eingescanntes Buch (PDF) - WordPress – www.wordpress.com
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Die außerordentlichen liinnaliinen aus der Kriei;sgewinnsteuer, die den«<br />
Staatshaushalt im Jahre 1919 gestützt hatten, versiegten im Jahre 1920; nur<br />
kleine Restbeträge flössen noch ein. Auch an Auslandskrediten stand 1920<br />
schon weit weniger zur Verfügung als 1919. Wir bekamen im Jahre 1920<br />
noch von den Vereinigten Staaten Mehl im Werto von 20 Millionen Dollar,<br />
von der Schweiz und Holland Nanrungsmittel im Werte von 10 Millionen<br />
Dollar auf Kredit, von Argentinien 5 Millionen Pesos, von England nicht<br />
mehr Kredite für den Staat, sondern Rohstoffkredite für unsere Textilindustrie<br />
und Saatkarioffeln für unsere Landwirtschaft. Die Auslandskredite<br />
deckten nur noch einen kleinen Teil des Defizits. Nun mußte man darangehen,<br />
den Haushalt der Republik in Ordnung zu bringen.<br />
Die ganze erste Hälfte des Jahres 1920 füllte der Kampf um die Gestaltung<br />
der Vermögensabgabe. Es war eine der Streitfragen, an denen die<br />
zweite Koalitionsregierung scheiterte.<br />
Erst in der Zeit der Propoizregierung;<br />
fiel die Entscheidung. Die bürgerliche Mehrheit entschied gegen die Sozialdemokratie<br />
die strittigen Fragen. Sie gab der Vermögensabgabe eine Gestalt,<br />
die ihren Zweck, das Defizit im Staatshaushalt für längere Zeit zu bedecken<br />
und dadurch die Stillegung der Banknotenpresse zu ermöglichen,,<br />
vereitelte. Trotzdem war die Finanzpolitik der zweiten Koalitionsregierung<br />
und der Proporzregierung, die von Dr. Reisch als Finanzminister geleitet<br />
wurde, keineswegs wirkungslos. Ihre Wirkungen zeigten sich allerdings,<br />
nicht mehr im Jahre 1920, sondern erst in der ersten Hälfte des Jahres 1921;<br />
in diese Zeit fallen die großen Eingänge an Vermögensabgabe, und in derselben<br />
Zeit wurden auch die zugleich mit dem Vermögensabgabegesetz erlassenen<br />
Steuergesetze wirksam. Im Jahre 1921 bildeten die Eingänge an<br />
Vermögensabgabe, zum Kurse im Zeitpunkt der Eingänge in Goldkronen<br />
umgerechnet, ein Drittel der gesamten Staatseinnahmen, sie betrugen um<br />
zwei Drittel mehr als die Erträgnisse der gesamten direkten Steuern und.<br />
um ein Viertel mehr als die Erträgnisse der indirekten Steuern, der Monopole<br />
und der Zölle zusammen. Dank dieser großen außerordentlichen Einnahme<br />
war der Goldwert der Staatseinnahmen im Jahre 1921 trotz der fortschreitenden<br />
Geldentwertung um beinahe ein Fünftel höher als im»<br />
Jahre 1920.<br />
Nach den Oktoberwahlen 1920 wurden freilich die Bemühungen, das<br />
Defizit durch Erhöhung der Staatseinnahmen zu verkleinern, nicht mehr<br />
fortgesetzt. Die Regierung Mayr, deren Finanzpolitik von dem Minister-<br />
Dr. Grimm geleitet wurde, konzentrierte ihre Bemühungen darauf, neue<br />
Auslandskredite zu erlangen. In der Tat wiesen die alliierten Großmächte<br />
im März 1921 dem Völkerbund die Aufgabe zu, die Bedingungen eines<br />
Österreich zu gewährenden internationalen Kredits zu überprüfen. Das<br />
Finanzkomitee des Völkerbundes entsandte im April 1921 eine Delegation<br />
nach Wien, die hier mit der österreichischen Regierung über die Bedingungen<br />
eines internationalen Sanierungskredits für Österreich verhandelte.<br />
So war die erste Hälfte des Jahres 1921 die günstigste Periode in der Finanzgeschichte<br />
der Republik. Einerseits war infolge der großen Eingänge an<br />
Vermögensabgabe das Defizit in dieser Zeit verhältnismäßig klein, anderseits<br />
weckten die Verhandlungen mit dem Völkerbund die Hoffnung darauf,<br />
daß Österreich binnen kurzem einen großen Kredit erlangen v/erde. Die-<br />
— 251 —