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der Arbeitermassen auch in Dcutschüsterreich nach der Beseitigung der<br />
letzten Reste der monarchischen Ordnung. Am folgenden Tag erklärten die<br />
Vertreter der Sozialdemokratie im Staatsrat den bürgerlichen Parteien, die<br />
gewaltsame Erhebung der Arbeiter und der Soldaten sei unvermeidlich,<br />
wenn nicht unverzüglich auch in Deulscliusterreich die Republik proklamiert<br />
werde. Die bürgerlichen Parteien, durch die Bewegung in den<br />
Fabriken und in den Kasernen eingeschüchtert, wagten keinen Widerstand<br />
mehr. Die Christlichsozialen, die noch am 9. und 10. November zur<br />
Monarchie standen, entschlossen sich am 11. November, ihren Widerstand<br />
.aufzugeben, da ein Beschluß des Tiroler Nationalrats für die Republik und<br />
Rsrichte aus Oberösterreich und Kärnten anzeigten, daß auch durch die<br />
Bauernschaft schon eine mächtige republikanische Welle ging. Der Staatsrat<br />
beschloß mit Stimmenmehrheit, die Provisorisclie Nationalversammlung<br />
für den 12. November einzuberufen und ihr einen Gesetzentwurf über<br />
die Proklamierung der Republik vorzulegen. Auch der Kaiser gab nun, von<br />
Lammasch beraten, allen Widerstand auf. Am 11. November legte der<br />
letzte Habsburger die_ Regierung nun auch förmlich nieder. „Nach wie vor",<br />
so sagte die Proklamation des Kaisers, „von unwandelbarer Liebe für alle<br />
meine Völker erfüllt, will ich ihrer freien Entfaltung meine Person nicht<br />
als Hindernis entgegenstellen. Im voraus kenne ich die Entscheidung an,<br />
die Deutschöst£rreich über seine künftige Staatsforra trifft. Das Volk hat<br />
durch seine Vertreter die Regierung übernommen. Ich verzichte auf jeden<br />
Anteil an den Staatsgeschäften. Gleichzeitig enthebe ich meine österreichische<br />
Regierung ihres Amtes."<br />
Mit dem Gedanken der Republik hatte sich schon im Verlauf des Oktober<br />
der Gedanke des Anschlusses Deutschösterreichs an Deutschland vermählt.<br />
Der Anschlußgedanke war zuerst in unserem Nationalitätenprogramm<br />
der „Linken" ausgesprochen worden. Sobald die revolutionäre Situation, für<br />
die unser Nationalitätenprogramm gedacht war, eingetreten war, hatten wir<br />
begonnen, ihn zu propagieren. Schon am 13. Oktober hatte ich die Artikelserie<br />
in der „Arbeiter-Zeitung" begonnen, die den Anschlußgedanken auf<br />
die Tagesordnung stellte. Er hatte sehr schnell Macht gewonnen.<br />
Mit dem Zusammenbruch seiner Herrschaft über die anderen Nationen<br />
sah das deutschnationale Bürgertum seine geschichtliche Mission beendet,<br />
um derentwillen es bisher die Trennung vom deutschen Mutterland willig<br />
ertragen hatte; konnte es der Machtstellung der deutschen Nation nicht<br />
mehr, vom Deutschen Reiche getrennt, durch seine Herrschaft über die<br />
anderen Völker der Habsburgermonarchie dienen, so wollte es sich durch<br />
•seinen Anschluß an das Reich davor schützen, selbst unter Fremdherrschaft<br />
-ZU fallen, wo es bisher Fremdherrschaft geübt hatte. Die Deutschen in<br />
Böhmen, Schlesien, Nordmähren, von den deutschen Alpenländern durch<br />
•das tschechische Gebiet räumlich geschieden, hatten ja keine andere Wahl<br />
.als die zwischen der- tschechischen Fremdherrschaft und dem Anschluß an<br />
das Reich. Die sechs Millionen Deutschen der Alpenländer, seit Jahrhunderten<br />
mit den drei Millionen Deutschen der Sudetenländer eng verbunden,<br />
konnten diese Verbindung nur im Rahmen des Deutschen Reiches<br />
aufrechterhalten. Wie hilflos Deutschösterreich, auf seine eigene Kraft<br />
angewiesen, den neuen Nationalstaaten gegenüberstand, hatte man schon<br />
in den ersten Anfängen der Revolution erfahren: Hungersnot war in<br />
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