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uann hört die Staatsgewalt auf, ein Herrschaftsinstrument einer Klasse zur<br />
Beherrschung der anderen Klassen zu sein. Die Staatsgewalt verselhständigt<br />
sich dann gegenüber den Klassen, sie tritt allen Klassen als<br />
selbständige Macht gegenüber, sie unterwirft sich alle Klassen. Das war,<br />
nach Marxens und Engels' Darstellung, der Ursprung der absoluten<br />
Monarchie im 17. und 18.. des Bonapartismus im 19. Jahrhundert.<br />
Auch das Ergebnis der deutschösterreichischen Revolution war ein Zustand,<br />
in dem „die kämpfenden Klassen einander das Gleichgewicht<br />
lialten". Der Gleichgewichtszustand der Klassenkräfte war hier vom Anfang<br />
an begründet in dem Machtverhältnis zwischen dem großen Industriegebiet<br />
Vfiens, Niederösterreichs, der Obersteiermark einerseits, das nicht<br />
gegen die Arbeiter, und dem großen Agrargebiet der anderen Bundesländer<br />
anderseits, das nicht gegen die Bauern zu regieren war; vom Anfang<br />
an begründet in dem Widerspruch zwischen der starken Macht des<br />
i^rolelariats im Lande und der völligen Ohnmacht des Landes gegenüber<br />
den kapitalistischen Mächten außerhalb unserer Grenzen. Aber in dem<br />
ersten Jahre der Republik war das Kräfteverhältnis durch die mächtige<br />
revolutionäre Spannung in den Massen zugunsten des Proletariats verschoben;<br />
das Proletariat konnte -daher zwar nicht seine Alleinherrschaft,<br />
aber immerhin seine Vorherrschaft aufrichten. In dem Maße aber, in dem<br />
einerseits unter dem Drucke der Ergebnisse der Klassenkämpfe im Auslande,<br />
anderseits unter der Wirkung der Wiederbelebung des kapitalistischen<br />
Wirtschaftslebens im Lande selbst die revolutionäre Spannung<br />
in den Massen überwunden wurde, stellte sich der Gleichgewichtszustand<br />
/.wischen den Klassenkräften her.<br />
Aber dieser Gleichgewichtszustand führte hier nicht, wie so oft vorher<br />
in der Geschichte, zur Verselbständigung der Staatsmacht gegenüber den<br />
lüassen, nicht zur Unterwerfung aller Klassen unter einen Absolutismus<br />
oder Bonapartismus. Vom Ausland wirtschaftlich abhängig, dem Ausland<br />
gegenüber militärisch ohnmächtig, von fremder Intervention und<br />
Okkupation bedroht, konnten die Klassen hier ihren Kampf nicht bis zur<br />
gewaltsamen Entscheidung steigern. Sie mußten von Tag zu Tag immer<br />
neue Kompromisse miteinander schließen. So führte hier das Gleichiiewicht<br />
der Klassenkräfte nicht dazu, daß alle Klassen von der ver-<br />
.sclbständigten Staatsmacht unterworfen wurden, sondern dazu, daß alle<br />
Klassen hier die Staatsmacht untereinander teilen mußten.<br />
Diese Teilung der Macht zwischen den Klassen fand ihren Ausdruck<br />
bis zum Oktober 1920 in der Koalitionsreperung, die die Klassen zu<br />
;^emeinsamer Herrschaft vereinigte, später, nach den Wahlen vom Oktober<br />
1920, in der Machtverteilung zwischen der bürgerlichen Regierung und der<br />
bürgerlichen Parlamentsmehrheit einerseits, der auf starke parlamentarische<br />
und vor allem außerparlamentarische Machtpositionen gestützten,<br />
die bürgerliche Regierung wirksam beeinflussenden, kontrollierenden,<br />
einschränkenden Sozialdemokratie anderseits. Sie fand ihren<br />
Ausdruck in der Kombination der parlamentarischen Demokratie, die die<br />
Regierungsgewalt der Bourgeoisie überantwortete, und der funktionellen<br />
Demokratie, die die Regicrungsgewalt bei den wichtigsten Regierungsaklen<br />
abhängig machte von dem Einverständnis und der Mitwirkung proletorischer<br />
Organisationen. Sie fand ihren Ausdruck in der Organisation des<br />
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