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Seiteneinrichtung Word Standard - Max-Planck-Gymnasium

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Die 612 Einwohner zählende Gemeinde Taben-Rodt, an der Westgrenze des deutschen Reiches<br />

gelegen, so nahe dem alten Erbfeinde, hatte im Kriegsfalle eine nicht gerade beneidenswerte<br />

Sorge. War die Gefahr doch sehr groß, dass die Franzosen in unsere friedliche Gegend,<br />

wenn auch nur vorübergehend einbrechen. [...] Sofort nach Ausbruch des Krieges wurden<br />

darum Schutzmaßnahmen für unser Dorf getroffen, die in der Bewachung der Brücke, des<br />

Bahnhofs, der Bahnstrecke und der öffentlichen Wege bestanden. Durch Baumstämme wurde<br />

der nach Mettlach führende Kaiserweg abgesperrt und des Nachts wie auch alle anderen Zugänge<br />

zum Ort durch die Polizeidiener und andere vom Ortsvorsteher bestimmte Männer bewacht.<br />

Herr Hegemeister Westram erhielt vom Landratsamt zu Saarburg den Auftrag, sein<br />

Forstrevier täglich nach verdächtigen Personen zu durchstreifen. [...]Diese strengen, dem<br />

Kriege angepaßten Maßnahmen mögen wohl von vielen als in Taben unnötig, als übertrieben<br />

belacht worden sein. In Wirklichkeit zeigte sich nur zu bald, wie notwendig sie waren. An der<br />

Bahnböschung wurde nämlich am 3. August ein recht verkommen aussehender Mensch, der<br />

Karten in verschiedenen Sprachen bei sich führte, der Spionage verdächtig, von Soldaten aufgegriffen<br />

und nach dem Bürgermeisteramt nach Freudenburg geführt. Außerdem wurde ein<br />

Spion, der sich als Spielmann verkleidet hatte, im Dorfe Rodt festgenommen. [...]<br />

Zur Verschwiegenheit unbekannten Personen gegenüber wurde besonders hingewiesen. Auch<br />

die Post stand in den ersten Kriegsmonaten unter strenger militärischer Kontrolle. Nur geöffnete<br />

Briefe durften befördert werden, deren Bestellung sich oft verzögerte. [...] Unter anderem<br />

verordnete der kommandierende General des 8. Armeecorps, der während des Krieges in hiesiger<br />

Gegend die vollziehende Gewalt ausübte, dass alle Telefone dem Privatverkehr zu entziehen<br />

seien. Ferner wurde das Tragen von Waffen allen Zivilpersonen verboten und der Verkauf<br />

von Pferden untersagt. 10 Pferde der Gemeinde Taben-Rodt wurden von der Militärverwaltung<br />

zum Heeresdienst angekauft. Die Einnahmen der Gemeindekasse wurden durch Einberufung<br />

steuerpflichtiger Ortseingesessener geringer. Die Ausgaben der Gemeinde steigerten<br />

sich besonders durch Auszahlung der Kriegsunterstützungen bedeutend. Eine monatliche Unterstützung<br />

erhielten die Angehörigen der ins Feld gezogenen Soldaten, die Ehefrauen, Kinder<br />

und sonstige Verwandte, die von dem Einberufenen ernährt wurden. In Taben-Rodt kamen<br />

hierfür 24 Familien in Betracht; 16 Ehefrauen, von denen jede monatlich 15 M erhielt, während<br />

als Kriegsbeihilfe für andere Familienmitglieder 7,50 M ausgezahlt wurde. Aus besonderer<br />

Bedürftigkeit erhielt eine Familie außer der genannten Unterstützung noch ihr zustehendes<br />

Brot. In den ersten Kriegsmonaten änderten sich die Lebensmittelpreise nur wenig. Es entstand<br />

zwar in den ersten Kriegswochen ein großer Andrang in den Kolonialwarenläden, da<br />

viele möglichst reichlich einkaufen wollten, um im Falle einer Teuerung und Hungersnot, die<br />

sie in Gedanken mit dem Worte "Krieg" verbanden, nicht zu kurz zu kommen. Doch infolge<br />

der für uns so günstigen Kriegsereignisse traten wieder bald ruhige normale Verhältnisse ein.<br />

Die in jeder Familie aufbewahrten Vorräte und Mehl wurden am 9. Mai aufgeschrieben, ferner<br />

der Vorverkauf an Öl und Hülsenfrüchten der Ernte 1915 am 22. Juni verboten. Vom 1.-6.<br />

Juli fand die Aufnahme der Erntefläche jedes Grundbesitzes durch den Ortsvorsteher Herrn<br />

Neuses aus Taben statt unter Angabe der angepflanzten Getreidearten und Kartoffeln. Der<br />

Bauer, der sich bis dahin als freier Herr seines Grund und Bodens gefühlt, der unbeschränkt<br />

über die Erzeugnisse seiner Scholle, die er sich mit Mühe und Schweiß erworben, schalten<br />

und walten konnte, wußte sich nur langsam und schwer in die scharfen Maßnahmen der Behörden<br />

zu finden.<br />

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