Bequemer als Backup Bequemer als Backup - Wuala
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Recht | WLAN<br />
Henning Kluge<br />
Schwarzsurfer<br />
unter Anklage<br />
Mangelnde Absicherung eines Netzes<br />
rechtfertigt keine unerlaubte Nutzung<br />
Ein WLAN hat gegenüber einem kabelgebundenen<br />
lokalen Netz den Vorzug und zugleich den Nachteil,<br />
dass man Rechner innerhalb der Funkreichweite<br />
ungehindert von Wänden und Türen mit Hilfe von<br />
Allerwelts-Equipment daran anbinden kann. Sich<br />
über ein fremdes ungesichertes Funknetzwerk ohne<br />
Erlaubnis von dessen Betreiber ins Internet einzuklinken,<br />
ist nicht gerade nett. Aber macht man sich damit gleich<br />
strafbar? Ein Wuppertaler Gericht hat auf diese Frage<br />
eine unerwartete und in Juristenkreisen heiß umstrittene<br />
Antwort geliefert.<br />
Ungebetene Gäste im<br />
WLAN sind für den Betreiber<br />
im besten Falle bloß<br />
lästig und verursachen unwillkommenen<br />
Netztraffic. Je nach<br />
Situation können Schwarzsurfer<br />
ihrem unfreiwilligen Gastgeber<br />
aber auch richtigen Ärger bereiten.<br />
Dieser beginnt bei der<br />
Sorge, ob Inhalte der im Netz<br />
verbundenen Computer für unbefugte<br />
Augen offenbar geworden<br />
sind, reicht über das Risiko<br />
des Einschleppens von Schadsoftware<br />
und endet noch lange<br />
nicht bei der drohenden Möglichkeit,<br />
dass ein eingeschlichener<br />
Schwarzsurfer im Internet illegale<br />
Aktivitäten vollführt, für<br />
die dann der WLAN-Betreiber <strong>als</strong><br />
„Störer“ haften mussˇ[1].<br />
Es ist <strong>als</strong>o naheliegend, dass<br />
ein Betreiber eines Funknetzes<br />
gegen jemanden, der dieses unerlaubt<br />
nutzt, einen zivilrechtlichen<br />
Unterlassungsanspruch<br />
geltend machen kann. Darüber<br />
hinaus besteht, wenn der<br />
Schwarzsurfer tatsächlich einen<br />
bezifferbaren Schaden verursacht<br />
hat, auch ein Schadenersatzanspruch.<br />
Aber mit diesen<br />
zivilrechtlichen Gesichtspunkten<br />
hat die Sache dann normalerweise<br />
auch ihr Bewenden. Auf<br />
die Idee, in diesem Zusammenhang<br />
das Strafrecht zu bemühen,<br />
kam zunächst niemand.<br />
Das änderte sich mit einem<br />
Fall, über den das Amtsgericht<br />
(AG) Wuppertal im vergangenen<br />
Jahr zu entscheiden hatte. Das<br />
Urteil dazu ist erst 2008 veröffentlicht<br />
wordenˇ[2]. Es ging<br />
dabei um einen Mann, dessen finanzielle<br />
Lage ihm zwar den Kauf<br />
eines Notebooks, nicht jedoch<br />
einen eigenen Internetanschluss<br />
zu erlauben schien. Er entdeckte,<br />
dass in der Nähe des Hauses seiner<br />
Eltern ein WLAN ohne Verschlüsselung<br />
betrieben wurde.<br />
Erschlichene<br />
Chat-Gelegenheit<br />
Kurzerhand begab er sich mit<br />
seinem Notebook in die Nähe<br />
des Hauses, in dem der Anschlussinhaber<br />
wohnte, und griff<br />
über das ungesicherte Funknetzwerk<br />
aufs Internet zu. Weil das<br />
Ganze so gut klappte, beließ er<br />
es nicht bei einem kurzen Versuch,<br />
sondern machte sich den<br />
bequemen Internetzugriff zunutze,<br />
um sich mit Bekannten<br />
online zu unterhalten. Dazu verwendete<br />
er das Instant-Messenger-System<br />
ICQ.<br />
Den Anschlussinhaber hatte<br />
er nicht um Erlaubnis gefragt.<br />
Dieser wiederum bemerkte die<br />
Aktivitäten des ungebetenen<br />
Mitnutzers, erkannte auch, um<br />
wen es sich handelte, und war<br />
alles andere <strong>als</strong> amüsiert. Da der<br />
Internet-Zugriff auf Grundlage<br />
einer Flatrate erfolgte, kostete<br />
der zusätzliche Traffic den<br />
WLAN-Betreiber zwar nichts; insofern<br />
war ihm kein bezifferbarer<br />
Schaden entstanden. Dennoch<br />
erstattete er Strafanzeige wegen<br />
des unerlaubten Zugriffs auf sein<br />
Netzwerk. Die Polizei reagierte<br />
prompt, beschlagnahmte den<br />
Rechner des Beschuldigten und<br />
leitete ein Strafverfahren ein.<br />
Schwarzfahren<br />
mal anders?<br />
Der Gedanke, dass Schwarzsurfen<br />
eine Straftat sein könnte,<br />
mag im Zeitalter des schier unbegrenzten<br />
Datenverkehrs merkwürdig<br />
anmuten. Wenn man<br />
allerdings an Parallelen aus dem<br />
nichtdigitalen Alltag denkt,<br />
könnte er nicht ganz fernliegen:<br />
Wer ohne zu bezahlen eigenmächtig<br />
eine fremde Leistung in<br />
Anspruch nimmt, für die normalerweise<br />
ein Geldbetrag zu entrichten<br />
ist, macht sich in vielen<br />
Fällen strafbar. Das vielleicht<br />
bekannteste Beispiel ist das<br />
Schwarzfahren, das den Straftatbestand<br />
des „Erschleichens von<br />
Gelegenheit lockt Mitsurfer an: Nichts ist leichter, <strong>als</strong> sich in ein<br />
ungesichertes WLAN einzuklinken. Die Funkreichweite der<br />
üblichen WLAN-Router geht etliche Meter über den Bereich der<br />
eigenen Wohnung oder des Hauses hinaus.<br />
Leistungen“ nach § 265a des<br />
Strafgesetzbuches (StGB) erfüllt.<br />
Aber auch wer eine öffentliche<br />
Telefonleitung anzapft, um kostenlos<br />
darüber Gespräche zu führen,<br />
erschleicht sich eine Leistung<br />
im Sinne desselben Paragrafen<br />
und macht sich deshalb<br />
strafbar.<br />
Zur unerlaubten Mitnutzung<br />
eines privaten WLAN passt diese<br />
Strafvorschrift jedoch nicht. Sie<br />
setzt nämlich voraus, dass der<br />
Täter sich eine Leistung erschleicht,<br />
die der Erbringer normalerweise<br />
entgeltpflichtig anbietetˇ[3].<br />
Der private DSL-Anschlussinhaber<br />
und WLAN-Betreiber<br />
hat aber von vornherein<br />
gar nicht die Absicht, Fremden<br />
die Nutzung seines Netzwerks<br />
gegen Zahlung eines Geldbetrags<br />
anzubieten. Das Schwarzsurfen<br />
über ein privates WLAN<br />
ist deshalb kein strafbares „Erschleichen<br />
von Leistungen“<br />
gemäß § 265a StGB.<br />
Dennoch kann es strafrechtlich<br />
von Bedeutung sein. Wenn<br />
das betreffende Funknetzwerk<br />
durch Verschlüsselung gegen<br />
unbefugte Zugriffe gesichert ist<br />
und der Täter diese Sicherungsmaßnahme<br />
umgeht, verstößt er<br />
gegen die Strafnorm des § 202a<br />
StGB „Ausspähen von Daten“.<br />
Nach dieser Vorschrift macht<br />
sich strafbar, wer sich unbefugt<br />
einen Zugang zu Daten verschafft,<br />
die nicht für ihn bestimmt<br />
sind, und dabei eine Zugangssicherung<br />
überwindet.<br />
Nach herrschender Meinung<br />
sind diese Voraussetzungen<br />
beim Schwarzsurfen über ein<br />
verschlüsseltes WLAN erfülltˇ[4].<br />
Dabei spielt es keine Rolle, ob<br />
der Anschlussinhaber die Verschlüsselung<br />
mit Hilfe des leichter<br />
auszuhebelnden WEP-Verfahrens<br />
oder mit dem sichereren<br />
WPA beziehungsweise WPA2<br />
vorgenommen hat.<br />
Das Umgehen beziehungsweise<br />
Überwinden einer Zugangssperre<br />
ist erforderlich,<br />
damit § 202a StGB greift. Wenn<br />
es um Fälle geht, bei denen der<br />
Datenverkehr in einem kabellosen<br />
Netzwerk ohne Verschlüsselung<br />
läuft und dieses für Angriffe<br />
offen ist wie das sprichwörtliche<br />
Scheunentor, passt diese Vorschrift<br />
aber nicht. Was nicht<br />
gegen fremden Zugriff gesichert<br />
ist, lässt sich auch nicht „ausspähen“<br />
– jedenfalls nicht so, wie<br />
das Gesetz es versteht.<br />
Aus genau diesem Grund sind<br />
Vertreter der juristischen Zunft<br />
168 c’t 2008, Heft 20<br />
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