Bequemer als Backup Bequemer als Backup - Wuala
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Report | Internet-Infrastruktur<br />
tionen zur physischen Beschaffenheit<br />
des Internet. Im Laufe der<br />
Zeit ist dort eine wohl einzigartige<br />
Wissensbasis entstanden.<br />
Im Global Internet Geography Report<br />
veröffentlichen die Forscher<br />
einmal jährlich ihre Ergebnisse.<br />
Die Detailarbeit hat allerdings<br />
ihren Preis: Rund 5000 US-Dollar<br />
kostet der Online-Zugriff auf den<br />
Report, der Infrastruktur-Dienstleistern<br />
Fakten für ihre Investitionsplanungen<br />
liefern soll. Dieser<br />
Tage erscheint die Studie in<br />
der Auflage 2008. c’t durfte vorab<br />
einen Blick hinein werfen.<br />
Entwarnung<br />
Betrachtet man die Zahlen von<br />
TeleGeography, stellt sich dort<br />
die Lage um die Auslastung der<br />
Internet-Infrastruktur wesentlich<br />
entspannter und realistischer<br />
dar <strong>als</strong> bei Nemertes Research.<br />
Die Washingtoner Forscher erfassen<br />
in ihrer Studie sowohl das<br />
weltweite Bandbreitenwachstum<br />
<strong>als</strong> auch den Traffic-Verbrauch.<br />
Dazu erhalten sie von<br />
allen global agierenden und<br />
vielen kleineren IP-Carriern die<br />
nötigen Kennzahlen.<br />
TeleGeography konstatiert<br />
zurzeit ein ausgeglichenes Verhältnis<br />
zwischen Angebot und<br />
Nachfrage. 2005 noch hat den<br />
Untersuchungen zufolge weltweit<br />
die Traffic-Nachfrage wesentlich<br />
stärker zugenommen <strong>als</strong><br />
das Bandbreitenangebot. Im Jahr<br />
2006 standen sogar 74 Prozent<br />
Traffic-Wachstum lediglich 45<br />
Prozent mehr Kapazität gegenüber.<br />
Dieses Verhältnis kehrte<br />
sich aber 2007 um – es wird wieder<br />
mehr in den Ausbau investiert,<br />
<strong>als</strong> die Nachfrage nötig<br />
macht. Dieser Trend setzt sich<br />
laut TeleGeography 2008 fort.<br />
Diese Zahlen bestätigen die<br />
These vom „Schweinezyklus“,<br />
der nach Aussagen von Marktbeobachtern<br />
auch in der Carrier-<br />
Branche vorherrscht [3]: Registrieren<br />
die Leitungsbetreiber<br />
mehr Nachfrage und damit steigende<br />
Preise, können sie nur<br />
zeitversetzt mit verstärkten Investitionen<br />
reagieren, etwa weil<br />
die nötige Technik verspätet<br />
verfügbar ist. Diese Investitionen<br />
fallen dann heftig aus, was wiederum<br />
zu einem Überangebot<br />
führt und die Preise stark fallen<br />
lässt.<br />
Unzutreffende Prognosen verstärken<br />
diesen Effekt und können<br />
schon mal das eine oder andere<br />
Unternehmen in den Ruin führen.<br />
Als beispielsweise im Jahre<br />
2000 im Internet-Hype Analysten<br />
eine enorme Nachfrage vorhergesagt<br />
hatten, reagierten IP-Carrier<br />
hektisch mit dem Verlegen<br />
riesiger Glasfasertrassen, die teils<br />
bis heute noch unbeleuchtet im<br />
Boden vergammeln. Dies hat dam<strong>als</strong><br />
auch große Carrier wie<br />
KPNQuest in den Ruin getrieben.<br />
Man kann davon ausgehen,<br />
dass die Carrier das ökonomische<br />
Modell des Schweinezyklus<br />
mittlerweile verinnerlicht haben<br />
und gemäßigter auf Panik-Studien<br />
wie die von Nemertes reagieren.<br />
Das bestätigte auch Eric<br />
Schoonover, Forschungschef bei<br />
TeleGeography, im Gespräch mit<br />
c’t: „Wir sehen keinerlei Hinweise<br />
darauf, dass das Traffic-Wachstum,<br />
unabhängig von der Art<br />
der Applikation, in absehbarer<br />
Zukunft in der Lage sein wird,<br />
Kapazitätsengpässe bei den<br />
Carriern heraufzubeschwören.“<br />
Schoonover zufolge haben die<br />
IP-Carrier in den letzten Jahren<br />
wohl dosiert auf die steigende<br />
Traffic-Menge reagiert, und dies<br />
nicht nur mit Kapazitätszuwachs,<br />
sondern auch mit effizienterer<br />
Nutzung ihrer Netze.<br />
Nahtstellen<br />
Wenn es derzeit überhaupt<br />
irgendwo knirscht im Gebälk,<br />
lässt sich das weniger auf Leitungsengpässe<br />
zurückführen <strong>als</strong><br />
auf unterdimensionierte Verknüpfungspunkte<br />
zwischen den<br />
Teilnetzen. Fließt etwa zu viel<br />
Verkehr über einen Austauschknoten<br />
(Peering) von einem System<br />
ins nächste, führt das zu<br />
Paketverlusten und Latenzen,<br />
die insbesondere bei Echtzeitanwendungen<br />
wie Spielen oder<br />
Internet-Telefonie für Qualitätseinbußen<br />
sorgen.<br />
Jährliches Wachstum in Prozent<br />
80<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
50<br />
41<br />
74<br />
45<br />
61<br />
0<br />
2005 2006 2007 2008<br />
Jahr<br />
Schweinezyklus: Eine erhöhtes Traffic-Wachstum zuvor sorgte in<br />
den letzten beiden Jahren für vermehrten Ausbau der Kapazität.<br />
Engpässe sind laut TeleGeography nicht in Sicht.<br />
69<br />
53<br />
62<br />
durchschnittlicher<br />
Traffic<br />
Internet-<br />
Bandbreite<br />
Quelle: TeleGeography Research<br />
Streitigkeiten zwischen Betreibern<br />
können sogar so weit<br />
gehen, dass ganze Internet-Abschnitte<br />
abgeklemmt werden.<br />
Mitte März dieses Jahres beispielsweise<br />
kappte der US-amerikanische<br />
IP-Carrier Cogent wegen<br />
eines Krachs um die Peering-<br />
Verträge sämtliche Verbindungen<br />
zu seinem schwedischen<br />
Mitbewerber TeliaSonera. Als<br />
direkte Konsequenz konnten<br />
Webserver, die nur über Cogent<br />
angebunden sind, ihre Seiten<br />
nicht mehr an TeliaSonera-Kunden<br />
liefern. Für viel Unmut sorgte<br />
die Netzkappung bei der zahlenden<br />
Kundschaft des beliebten<br />
Onlinespiels World of Warcraft.<br />
Dessen Hersteller Blizzard hatte<br />
alle europäischen Gameserver<br />
ausschließlich via TeliaSonera<br />
mit dem Internet verbunden.<br />
Folglich konnten auch deutsche<br />
DSL-Kunden, deren Provider<br />
Cogent <strong>als</strong> Datentransporteur<br />
nutzen, diese Server nicht mehr<br />
erreichen.<br />
Dem Traffic-Anstieg müssen<br />
auch Betreiber großer öffentlicher<br />
Austauschpunkte Rechnung<br />
tragen. Der deutsche eco-<br />
Verband etwa baut seinen<br />
Frankfurter De-CIX quasi ununterbrochen<br />
aus. Der auf sechs<br />
Orte verteilte Knoten verbindet<br />
in seinen Switches die Netze von<br />
rund 250 Carriern kostenneutral<br />
miteinander und gehört damit<br />
zu den weltweit größten seiner<br />
Art. Zu Spitzenzeiten schaufelt er<br />
pro Sekunde 50 Gigabyte Nutzerdaten<br />
zwischen den Teilsystemen<br />
hin und her. Die Peak-<br />
Marke von 500 GBit/s dürfte<br />
noch in diesem Jahr erreicht<br />
werden.<br />
Engpässe sind zwar nicht zu<br />
befürchten, aber auch beim De-<br />
CIX greift das Schweinezyklus-<br />
Modell. Arnold Nipper, Technikchef<br />
des Knotens, beklagt, dass<br />
die Standardisierung von breitbandigeren<br />
Netzwerkschnittstellen<br />
nicht mit dem Traffic-<br />
Wachstum mithält. Derzeit kann<br />
er den Carriern nur Anschlüsse<br />
für maximal 10 GBit/s anbieten,<br />
weil der mittlerweile ökonomisch<br />
sinnvolle 100G-Ethernet-<br />
Standard frühestens 2010 kommen<br />
wird: „Meines Erachtens<br />
hängt die Technologie zumindest<br />
für unseren Sektor um Jahre<br />
zurück. Wir hätten 100G bereits<br />
2006/2007 gebraucht und sollten<br />
uns jetzt mit der Planung<br />
von 1000G befassen.“ Es sei<br />
leichter, eine Badewanne mit<br />
dem Wasserhahn zu füllen, <strong>als</strong><br />
mit vielen Strohhalmen. Dramatisch<br />
sei die Lage aber bei<br />
weitem nicht.<br />
Vehikel-Studien<br />
Jene Unkenrufe, die regelmäßig<br />
zu Vorhersagen des Internet-Infarkts<br />
in den Medien führen,<br />
kommen weder von Carriern<br />
noch von CIX-Betreibern. Wenn<br />
in diese Richtung getrommelt<br />
wird, dürften sich wie beim eingangs<br />
erwähnten Unternehmen<br />
Nemertes in aller Regel handfeste<br />
ökonomische Interessen<br />
dahinter verbergen. So erregte<br />
zum Beispiel auch eine Studie des<br />
Leipziger Unternehmens ipoque<br />
internationales Aufsehen.<br />
Es stellt Geräte für Netzwerk-<br />
Betreiber her. Diese Appliances<br />
können Traffic analysieren und<br />
steuern. Ins Netz gehängt, nehmen<br />
sie durchrauschende Datenpakete<br />
bis auf Anwendungsebene<br />
(Layer 7) auseinander. Anhand<br />
dieser Deep Packet Inspection<br />
(DPI) kann ein Provider<br />
beispielsweise gezielt Daten bestimmter<br />
Anwendungen bevorzugt<br />
durchleiten und andere<br />
ausbremsen. So funktioniert<br />
etwa das Traffic-Shaping für die<br />
Tauschbörsenprotokolle.<br />
2007 nun hat ipoque mitprotokolliert,<br />
was einige bei Providern<br />
und Universitäten installierte<br />
Geräte registrieren. Der Untersuchung<br />
zufolge waren hochgerechnet<br />
unfassbare 69 Prozent<br />
des deutschen Internet-Traffics<br />
P2P-Daten. Lediglich zehn Prozent<br />
fielen auf HTTP, knapp acht<br />
Prozent auf Media-Streaming,<br />
<strong>als</strong>o beispielsweise Youtube-<br />
Videos, nur ein Prozent wurden<br />
durch VoIP-Telefonate generiert.<br />
Zu ähnlichen Ergebnissen kamen<br />
die Unternehmen Arbor Networks<br />
und Sandvine für die USA.<br />
c’t 2008, Heft 20<br />
©<br />
Copyright by Heise Zeitschriften Verlag GmbH & Co. KG. Veröffentlichung und Vervielfältigung nur mit Genehmigung des Heise Zeitschriften Verlags.<br />
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