Bequemer als Backup Bequemer als Backup - Wuala
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Report | Internet-Infrastruktur<br />
Holger Bleich<br />
Gezielte Panikmache<br />
Wer mit dem Internet-Kollaps droht und warum dieser wohl ausbleibt<br />
Experten warnen vor einem bevorstehenden Zusammenbruch des Internet,<br />
der katastrophale wirtschaftliche Folgen hätte. Hinter diesen düsteren<br />
Prophezeiungen stehen jedoch handfeste Lobby-Interessen.<br />
Eine aktuelle, unabhängige Analyse kommt<br />
hingegen zum Ergebnis, dass das<br />
Internet trotz P2P-Netzen und<br />
Videoportalen auch in drei Jahren<br />
noch prima funktionieren wird.<br />
Die Deutschen surfen breitbandig.<br />
Registrierte die<br />
Bundesnetzagentur im<br />
Jahre 2001 knapp zwei Millionen<br />
DSL-Anschlüsse, so waren es<br />
Ende 2007 stolze 18,5 Millionen.<br />
In Großstädten sind Bandbreiten<br />
zwischen sechs und 16 MBit/s<br />
auch in Privathaushalten inzwischen<br />
Usus. Und mit der Leitungskapazität<br />
wächst der Datenhunger:<br />
Die Regulierungsbehörde<br />
schätzt, dass über die DSL-<br />
Anschlüsse 2007 ein Traffic-Volumen<br />
von 1710 Millionen GByte<br />
geflossen ist. Pro DSL-Anschluss<br />
saugen die Deutschen diesen<br />
Zahlen zufolge rund acht Gigabyte<br />
monatlich aus dem Internet<br />
– Tendenz steigend.<br />
Die Art der dieser Daten ändert<br />
sich gerade gravierend. Immer<br />
mehr Videoportale à la Youtube<br />
sorgen für eine kleine Traffic-Explosion.<br />
Hinzu kommt Streaming<br />
von hoch aufgelösten Filmen und<br />
echtes IP-Fernsehen. Telefonieren<br />
über das Internet wird dank<br />
mittlerweile ausgereifter Technik<br />
immer beliebter. Längst macht<br />
<strong>als</strong>o das Web nicht mehr den absolut<br />
gesehen größten Anteil am<br />
weltweiten IP-Verkehr aus.<br />
Einige Experten äußern Bedenken,<br />
denen zufolge Teile der<br />
Internet-Infrastruktur der Datenflut<br />
bald nicht mehr gewachsen<br />
sein könnten. Vor kurzem sorgte<br />
etwa das Marktforschungsunternehmen<br />
Nemertes Research für<br />
Schlagzeilen, <strong>als</strong> es fürs Jahr<br />
2010 ernsthafte Internet-Engpässe<br />
prophezeite. Anhand von<br />
Modellen habe man errechnet,<br />
dass die Übertragungskapazität<br />
nicht mit dem Wachstum des<br />
Traffic-Aufkommens mithalten<br />
könne. Grund sei unter anderem,<br />
dass die großen Datentransporteure,<br />
<strong>als</strong>o die Backbone-Carrier,<br />
zu wenig in ihre Infrastruktur<br />
investierten.<br />
Die bösen Vorahnungen der<br />
US-amerikanischen Marktforscher<br />
dienten anderen Analysten <strong>als</strong><br />
Grundlage, um vor dem drohenden<br />
Ende des Internet zu warnen,<br />
vom „Kollaps“ war die Rede.<br />
Was dabei übersehen wurde: So<br />
unabhängig, wie Nemertes sich<br />
darstellt, war das Unternehmen<br />
bei dieser Studie nicht. Die<br />
wurde nämlich von der Internet<br />
Innovation Alliance (IIA) finanziert.<br />
Diesem Lobby-Verband gehören<br />
unter anderem Breitband-<br />
Ausrüster wie Nortel und Alcatel-<br />
Lucent an – Unternehmen <strong>als</strong>o,<br />
die von der Sorge um Kapazitätsengpässe<br />
am meisten profitieren.<br />
Nostradamus’ Erben<br />
Langfristige Vorhersagen zur<br />
Entwicklung der Internet-Infrastruktur<br />
haben sich bislang noch<br />
stets <strong>als</strong> unzutreffend erwiesen.<br />
Zu viele Faktoren spielen eine<br />
Rolle, <strong>als</strong> dass Modelle sie bis<br />
dato erfassen konnten. Das Internet<br />
ist nun einmal aus vielen<br />
Teilnetzen geknüpft, die völlig<br />
unterschiedlich miteinander verbunden<br />
sind [1]. Dazu gehören<br />
die Interkontinentalleitungen<br />
der großen IP-Carrier genauso<br />
wie das kleine Stadtnetz des regionalen<br />
DSL-Anbieters um die<br />
Ecke. Flaschenhälse können an<br />
vielen Stellen entstehen, besonders<br />
aber an den Übergabepunkten<br />
zwischen den autonomen<br />
Teilnetzen (Autonome<br />
Systeme, AS) der Carrier.<br />
Um tatsächlich beurteilen zu<br />
können, wie es um die Stabilität<br />
des Internet auch bei stark wachsendem<br />
Datenaufkommen bestellt<br />
ist, muss man sich einen<br />
Überblick zur weltweiten Infrastruktur<br />
verschaffen und diesen<br />
permanent aktualisieren. Anhand<br />
öffentlich zugänglicher<br />
Daten ist dies nicht möglich.<br />
Zwar liefern beispielsweise RIPE<br />
(für Europa) und ARIN (für Nordamerika)<br />
Whois-Informationen<br />
zu IP-Blöcken und Autonomen<br />
Systemen, aber wie es um die<br />
dahinter stehenden Provider bestellt<br />
ist, erfährt man nicht.<br />
Das Forschungsunternehmen<br />
TeleGeography Research aus<br />
Washington D.C. stieß schon vor<br />
längerem in diese Wissenslücke<br />
und sammelt seit Jahren Informa-<br />
88 c’t 2008, Heft 20<br />
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