Konstruktivismus, Theologie und Wahrheit - Religionslehrer im ...
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handelt. Wahrnehmung <strong>und</strong> Erkenntnis sind konstruktive <strong>und</strong> keine abbildende Handlungen.<br />
Daraus folgt: Das Objekt entsteht als Folge des Handelns. 36<br />
So liegt der radikale Unterschied zwischen <strong>Konstruktivismus</strong> <strong>und</strong> den konventionellen<br />
Erkenntnistheorien von Glasersfeld zufolge <strong>im</strong> Verhältnis zwischen Wissen <strong>und</strong> Wirklichkeit.<br />
Während meist davon ausgegangen wird, dass das Wissen eine (ikonische) Abbildung der<br />
Wirklichkeit ist, es also eine Übereinst<strong>im</strong>mung, eine Korrespondenz oder eine Isomorphie<br />
zwischen Wissen <strong>und</strong> Wirklichkeit gibt, betrachtet der <strong>Konstruktivismus</strong> diese<br />
Korrespondenztheorie als Sackgasse <strong>und</strong> sieht das Wissen als Anpassung <strong>im</strong> funktionalen<br />
Sinn. Wissen ist <strong>im</strong> <strong>Konstruktivismus</strong> nicht ein Bild von der Wirklichkeit, sondern ein<br />
„Schlüssel, der uns mögliche Wege erschließt“ 37 . Um den Unterschied zu erläutern, greift von<br />
Glasersfeld auf die englischen Wörter to match (st<strong>im</strong>men) <strong>und</strong> to fit (passen) zurück. Sagen wir<br />
von einer Abbildung, dass sie st<strong>im</strong>mt, bedeutet das, dass sie die Wirklichkeit wiedergibt <strong>und</strong><br />
mit ihr gleichförmig ist. Sagen wir allerdings von etwas, dass es passt, dann heißt das, dass es<br />
den erhofften Dienst leistet. 38 Deshalb gilt: Wenn eine kognitive Struktur bisher standgehalten<br />
hat, heißt das nicht, dass wir die objektive Realität erkannt haben, sondern lediglich, dass wir<br />
einen gangbaren Weg zu einem Ziel wissen – wobei wir nichts darüber erfahren, ob es nicht<br />
auch noch andere gangbare Wege gibt. 39 Hier wird deutlich, dass es dem <strong>Konstruktivismus</strong><br />
nicht darum geht, die „Realität“ zu beschreiben, weil es <strong>im</strong>mer mehrere Wege des<br />
„Durchkommens“ gibt. „Der Begriff der Viabilität zielt [...] in erkenntnistheoretischer <strong>und</strong><br />
wissenschaftlicher Absicht auf ein pragmatisches, handlungsorientiertes Modell, das <strong>im</strong><br />
wissenschaftstheoretischen Bereich auf kohärente, konsistente <strong>und</strong> anschlussfähige Theorien<br />
abstellt, nicht aber auf ontologische Annäherungsversuche an eine vermeintliche ‚Realität’.“ 40<br />
Hilfreich sind folgende Vergleiche:<br />
- In der Evolution gelingt es einigen Tieren, sich der Umwelt anzupassen <strong>und</strong> zu<br />
überleben, anderen jedoch nicht (z.B. den Dinosauriern). Diese Anpassung der<br />
Lebewesen an ihre Umwelt ist allerdings keine Übereinst<strong>im</strong>mung einer objektiven<br />
Wirklichkeit mit den einzelnen Lebewesen. Vielmehr ist sie lediglich passend, d.h. es<br />
gelingt dem Lebewesen, zu existieren <strong>und</strong> nicht ausgelöscht zu werden. Es wird aber<br />
kein Anhaltspunkt über die wahren Gegebenheiten der Natur geliefert.<br />
36 Vgl. VON GLASERSFELD 2005, 29-30.<br />
37 VON GLASERSFELD 2004, 17.<br />
38 Vgl. VON GLASERSFELD 2004, 17-20.<br />
39 Vgl. VON GLASERSFELD 2004, 23.<br />
40 KLEIN 2003, 101.<br />
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