Konstruktivismus, Theologie und Wahrheit - Religionslehrer im ...
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Der christliche Glaube geht also von objektiven <strong>Wahrheit</strong>en aus, während der<br />
<strong>Konstruktivismus</strong>, so Heribert Seifert, „nur noch die unendliche Vielzahl subjektiver<br />
Wirklichkeitskonstruktionen [kennt], die <strong>im</strong> Prinzip alle gleich gültig sind <strong>und</strong> nur revidiert<br />
werden, wenn sie ihre Unbrauchbarkeit [Nicht-Viabilität] erweisen“ 141 . „Eine unbefangene<br />
Hingabe des erkennenden Menschen an das Wirkliche [...] als Voraussetzung jeder<br />
<strong>Wahrheit</strong>sforschung, also eine Haltung selbstloser Sachlichkeit, wird ausgeschlossen, weil als<br />
unmöglich angesehen.“ 142 Des Weiteren schreibt Monika Born:<br />
„Noch aus einem weiteren Gr<strong>und</strong> sind Christentum <strong>und</strong> <strong>Konstruktivismus</strong> nicht miteinander zu<br />
vereinbaren: Wo ethische Normen nur noch verhandelt oder ausgehandelt werden dürfen, wo es nur<br />
noch um eine ‚post-christliche Moral’ geht, wird der Christ nicht einverstanden sein können. Denn er<br />
anerkennt den Dekalog, die Bergpredigt <strong>und</strong> die kirchliche Morallehre.“ 143<br />
Sind solche Antworten wie diejenige von Monika Born allerdings in Wirklichkeit nicht etwas<br />
zu kurz, zu voreilig <strong>und</strong> zu ideologieverdächtig? Werden in diesen Auseinandersetzungen<br />
Begriffe wie „Subjektivismus“, „Relativismus“ oder auch noch „Individualismus“ nicht als<br />
„Diskurskiller“ verwendet, ohne dass sich genau damit auseinandergesetzt wird? 144 Hans<br />
Mendl zufolge ist die Frage nach der Vereinbarkeit zwischen <strong>Konstruktivismus</strong> <strong>und</strong><br />
christlichem <strong>Wahrheit</strong>s- <strong>und</strong> Offenbarungsverständnis bereits in sich unsinnig, <strong>und</strong> zwar in<br />
doppelter Weise, da es weder den <strong>Konstruktivismus</strong> noch das christliche <strong>Wahrheit</strong>sverständnis<br />
gibt. Ob es das christliche <strong>Wahrheit</strong>sverständnis nun gibt oder nicht, soll <strong>im</strong> folgenden Punkt<br />
analysiert werden.<br />
141 SEIFERT 2000, 122.<br />
142 BORN 2003, 242.<br />
143<br />
BORN 2003, 252. Bei diesen Aussagen wird deutlich, welches „Lager“ innerhalb der Kirche den<br />
<strong>Konstruktivismus</strong> am heftigsten bekämpft. Sehr deutlich wird dies auch an folgenden – wie sie selber sagt, bangen<br />
– Anfragen Frau Borns, in denen sie bedauert, die Kirche habe sich dem konstruktivistischen Gedankengut schon<br />
viel zu weit geöffnet: „Wie weit haben sich Moraltheologie <strong>und</strong> Pastoral auf konstruktivistische Sichtweisen<br />
eingelassen? Was ist mit der ‚autonomen Moral’, die von einem großen Teil katholischer Theologen vertreten<br />
wird in Absetzung von der verbindlichen Morallehre der katholischen Kirche? Passt dazu die bei uns geläufige<br />
Kritik an Lehramt <strong>und</strong> ‚Amtskirche’, die verbreitete Ablehnung des Katechismus der Katholischen Kirche? Was<br />
ist mit Kirchenvolksbegehren <strong>und</strong> ‚Kirche von unten’? Und wie ist die strikte Ablehnung vieler von Katechese <strong>im</strong><br />
katholischen Religionsunterricht zu sehen?“ (BORN 2003, 254).<br />
144 Vgl. KLEIN 2003, 26.<br />
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