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Konstruktivismus, Theologie und Wahrheit - Religionslehrer im ...

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konkreten Lebensformen <strong>und</strong> -vollzügen. 265 Ähnlich denkt auch Wallich, der<br />

vorschlägt, „die Vokabel ‚Gott’ aus der vornehmlich metaphysischen Tradition in den<br />

pragmatischen Kontext zu <strong>im</strong>plementieren“ 266 .<br />

- Wenn <strong>Theologie</strong> als Beobachtung zweiter Ordnung verstanden wird, wird nicht mehr<br />

ausgeschlossen, dass man auch außerhalb des Glaubens sinnvoll von Gott reden kann –<br />

wenn man die Unterscheidung der jeweiligen Ebenen beachtet. Der eigene Glaube (die<br />

Konversion) ist nicht mehr Voraussetzung für theologische Aktivität. Es ist auch<br />

möglich, als Nichtchrist christliche <strong>Theologie</strong> zu betreiben. 267<br />

- Beide Ebenen – die erste Ebene, d.h. die Ebene des gelebten Glaubens bzw. des<br />

religiösen Vollzugs („Alltagsebene“), <strong>und</strong> die zweite Ebene, d.h. die Ebene der<br />

theologischen Reflexion – sind zunächst einmal zwei eigenständige, f<strong>und</strong>amental<br />

verschiedene <strong>und</strong> zu unterscheidende Einheiten. Was für religiös Praktizierende<br />

selbstverständlich ist oder sein kann (die unmittelbare Nähe zu Gott, etwa <strong>im</strong> Gebet),<br />

„verliert seine ‚Unschuld’, sobald eine Beobachterebene zweiter Ordnung<br />

eingenommen wird, die jeweils mit ihren Unterscheidungen operiert <strong>und</strong> Beobachter<br />

beobachtet.“ 268 <strong>Theologie</strong> ist vom religiösen Vollzug als selbstreferentielles Operieren<br />

gr<strong>und</strong>sätzlich verschieden. Der gr<strong>und</strong>sätzliche Unterschied zwischen <strong>Theologie</strong> <strong>und</strong><br />

Glauben besteht darin, dass ein Zugang zu Gott auf der ersten Ebene sehr wohl<br />

möglich, auf einer zweiten Ebene aber nicht möglich ist. Eine weitere Konsequenz in<br />

diesem Zusammenhang: Die beiden Beobachterebenen können sich nicht gegenseitig<br />

aufheben, sondern behalten ihre Autonomie. Weder kann die <strong>Theologie</strong> den konkreten<br />

religiösen Vollzug aufheben, noch kann die <strong>Theologie</strong> selbst religiöser Vollzug sein.<br />

Das bedeutet, dass die Kraft des religiösen Glaubens sich nicht pr<strong>im</strong>är theoretisch zu<br />

erweisen hat. 269 Klein weist in diesem Zusammenhang auch darauf hin, dass viele<br />

Regelungen der Ebene der ersten Ordnung, d.h. der Ebene des gelebten Glaubens<br />

„häufig sehr viel stabiler <strong>und</strong> tragfähiger [sind] als so manche wissenschaftliche<br />

Theorie oder die jeweils wechselnde wissenschaftliche Mode. Sie haben sich <strong>im</strong><br />

265 Vgl. KLEIN 2003, 463-464.<br />

266 WALLICH 1999, 457.<br />

267 Vgl. KLEIN 2003, 466-467.<br />

268 KLEIN 2003, 471.<br />

269 Vgl. KLEIN 2003, 476-478. Für Klein sind religiöse Systeme in konstruktivistischer Hinsicht schon allein<br />

deswegen zu würdigen, „weil sie bislang ‚überlebt’ haben <strong>und</strong> sich damit, zunächst <strong>im</strong> Blick auf die großen<br />

Weltreligionen, als für Lebensdeutungen <strong>und</strong> Orientierungswissen ‚viabel’ erwiesen.“ (KLEIN 2003, 479)<br />

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