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Konstruktivismus, Theologie und Wahrheit - Religionslehrer im ...

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Halten wir fest: Jede <strong>Theologie</strong> ist kontextuell. <strong>Theologie</strong> steht <strong>im</strong>mer <strong>im</strong> Zusammenhang mit<br />

konkreten geschichtlichen Situationen <strong>und</strong> ist unablösbar von der sozialen Existenz. Jedwede<br />

<strong>Theologie</strong> spiegelt eine gewisse soziale Praxis wider. Die theologischen Ideen entstehen nicht<br />

aus dem Nichts, „sondern kommen aus einem voreingenommenen <strong>und</strong> interessebedingten<br />

Lesen von Texten.“ 198 Das Vorverständnis <strong>und</strong> die herrschenden Ideen spielen eine wesentliche<br />

Rolle. Insofern ist die theologische Sprache nicht ewig, sondern zeitgeb<strong>und</strong>en, nicht universal,<br />

sondern partikulär, nicht transzendent, sondern von Interessen (einer best<strong>im</strong>mten Gruppe in<br />

einer best<strong>im</strong>mten Situation) geprägt. 199 Nehmen wir die Kontextualisierung als<br />

hermeneutisches Prinzip ernst, bedeutet das, „dass uns keine universal gültigen <strong>Wahrheit</strong>en zu<br />

Diensten stehen.“ 200 Das bedeutet auch, dass es nicht die <strong>Theologie</strong> gibt, sondern eine Vielfalt<br />

von <strong>Theologie</strong>n, die von ihrem jeweiligen Kontext nicht nur geformt, sondern regelrecht<br />

best<strong>im</strong>mt werden. 201<br />

Die Erkenntnis der Kontextgeb<strong>und</strong>enheit jeder <strong>Theologie</strong> scheint uns eine gute Voraussetzung<br />

zu sein, um nach konkreteren „Andockstellen“ für konstruktivistisches Denken innerhalb der<br />

<strong>Theologie</strong> Ausschau zu halten.<br />

4.3.3 <strong>Konstruktivismus</strong> <strong>und</strong> die Rede über Gott <strong>und</strong> Offenbarung<br />

Befasst man sich eingehender mit dem Thema, so wird schnell deutlich, dass die<br />

gr<strong>und</strong>sätzliche Problematik zwischen <strong>Konstruktivismus</strong> <strong>und</strong> <strong>Theologie</strong> sich auf der Ebene der<br />

Zentralthemen „Gott“ <strong>und</strong> „Offenbarung“ situiert. „Der Offenbarungsgedanke scheint sich<br />

nolens volens jeglicher Konstruktionalität zu widersetzen <strong>und</strong> diesem diametral<br />

entgegenzustehen.“ 202<br />

Als „Erstlingswerk“ in unserer Fragestellung gilt die 1993 in Halle als Dissertation<br />

eingereichte Monographie „Konstruktion – Wirklichkeit – Schöpfung“ von Roija Friedrich<br />

Weidhas. Es handelt sich hier um den ersten größeren Versuch, die konstruktivistische<br />

Denkweise mit der <strong>Theologie</strong> zu konfrontieren. Weidhas betont, dass er den Versuch<br />

unternommen hat, „ein Verstehen von ‚Erkennen’ <strong>und</strong> ‚Verstehen’“ 203 zu ermöglichen, unter<br />

Bezugnahme auf die biologische Erkenntnislehre Maturanas: „Wie kann theologisch<br />

198 BLASER 1984, 10.<br />

199 Vgl. CONE 1976, 45.<br />

200 BLASER 1984, 8.<br />

201 Vgl. SAUTER 1996, 157.<br />

202 KLEIN 2003, 377.<br />

203 WEIDHAS 1993, 3.<br />

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