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Konstruktivismus, Theologie und Wahrheit - Religionslehrer im ...

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2.4 Einwände <strong>und</strong> Anfragen<br />

Etwas reißerische Buchtitel wie „Die erf<strong>und</strong>ene Wirklichkeit“ (Watzlawick) oder provokante<br />

Aussagen wie „Die Umwelt, so wie wir sie wahrnehmen, ist unsere Erfindung“ (von Foerster)<br />

rufen regelmäßig sehr scharfe Kritiken in Bezug auf den <strong>Konstruktivismus</strong> hervor. 58 Wir<br />

möchten uns mit den wesentlichen Einwänden nun kurz auseinandersetzen.<br />

2.4.1 Verbirgt der <strong>Konstruktivismus</strong> eine <strong>im</strong>manente Paradoxie?<br />

Apodiktische Aussagen seitens der Konstruktivisten wie „Die Zeit der endgültigen <strong>Wahrheit</strong>en<br />

ist vorbei“, „Es gibt keine objektive, dem menschlichen Erkennen zugängliche Realität“,<br />

Buchtitel wie „Die erf<strong>und</strong>ene Wirklichkeit“ führen <strong>im</strong>mer wieder dazu, dass man dem<br />

<strong>Konstruktivismus</strong> eine <strong>im</strong>manente Paradoxie nachweisen will: Der Konstruktivist verzichtet<br />

auf Objektivität, macht aber gleichzeitig verallgemeinernde Aussagen wie die soeben<br />

genannten. 59 Anders ausgedrückt: Indem der <strong>Konstruktivismus</strong> behauptet, dass der Mensch als<br />

autopoietisches System nur in seinem Erkennungsbereich handeln <strong>und</strong> die Wirklichkeit an sich<br />

gar nicht erkennen kann, zeigt er, dass auch die Theorie autopoietischer Systeme <strong>und</strong><br />

infolgedessen die konstruktivistische Erkenntnistheorie eine leere Theorie ist, die sich selber<br />

auflöst. 60<br />

Hierauf antwortet Siegfried Schmidt Folgendes: Die Kritiker arbeiten in diesem<br />

Zusammenhang, anders als die Konstruktivisten, mit einem realistischen Begriff des<br />

„empirischen Wissens“. Konstruktivistisch gesehen handelt es sich allerdings be<strong>im</strong><br />

„empirischen Wissen“ um ein „intersubjektiv geteiltes operationales Wissen in unserem<br />

Kognitionsbereich“. 61 So gesehen verschwindet der Einwand, dass empirische Theorien zu<br />

einer neuen, empirisch leeren Theorie (in unserem Fall die Theorie der autopoietischen<br />

Systeme) führen. Es trifft zu, dass der <strong>Konstruktivismus</strong> keine Handhabe bietet, um die<br />

<strong>Wahrheit</strong> seiner eigenen Aussagen zu überprüfen. Schmidt weist jedoch darauf hin, dass die<br />

empirische Forschung sich radikal an der Frage der Nützlichkeit der konstruktivistischen<br />

Konzeption orientiert. Um diese Nützlichkeit darzulegen, bedürfe es Erfahrungen mit der<br />

58 Vgl. SCHMIDT 1987a, 39.<br />

59 So z.B. BORN 2003, 249.<br />

60 Vgl. SCHMIDT 1987a, 39.<br />

61 SCHMIDT 1987a, 39.<br />

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