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Konstruktivismus, Theologie und Wahrheit - Religionslehrer im ...

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Auferweckte sich tatsächlich mitteilte oder ob diese Erfahrungen innerpsychisch zu<br />

erklären sind, oder die kontrovers diskutierte Frage, ob das Grab tatsächlich leer war<br />

oder nicht. Er hebt hervor, dass die Betrachtungsweise der <strong>Theologie</strong> als Beobachtung<br />

zweiter Ordnung zur Erkenntnis führt, dass es sich bei diesen Auseinandersetzungen<br />

lediglich um Auseinandersetzungen in Bezug auf das je eigene<br />

Wirklichkeitsverständnis geht, während man zur jeweiligen Realität an sich (in diesem<br />

Fall die Ostererscheinungen bzw. das Grab) keinen Zugang hat. 292<br />

4.3.8 Das Neue Testament <strong>im</strong> Licht des <strong>Konstruktivismus</strong><br />

Auf Peter Lampes Ansatz, der eine recht komplizierte Theorie darstellt, möchten wir nun noch<br />

etwas genauer eingehen. Lampe ist Vertreter eines epistemologisch <strong>und</strong> wissenssoziologisch<br />

geprägten <strong>Konstruktivismus</strong>, der <strong>im</strong> Anschluss an die Berliner Soziologen Horst Stenger <strong>und</strong><br />

Hans Geisslinger <strong>im</strong> Zusammenhang des Zustandekommens von sozialer Wirklichkeit von<br />

folgendem Konstruktionsmuster ausgeht: 293<br />

- Das Individuum konstruiert Sinn. Der Sinn ist also das Ergebnis einer konstruktiven<br />

Leistung. Bei diesem Prozess erhalten die Objekte eine Bedeutung. Dadurch werden die<br />

Objekte „erkannt“.<br />

- Die Sinnangebote werden veröffentlicht, bzw. die Bedeutungen werden mit anderen<br />

Bedeutungseinheiten in Beziehung gesetzt. Auf diese Weise wird der individuelle<br />

Kontext zu einem intersubjektiven ausgeweitet <strong>und</strong> es ergeben sich gemeinsame<br />

Konstrukte oder gemeinsame Kontexte.<br />

- Ein Kennzeichen der konstruierten Kontexte ist, dass diese auf axiomatischen<br />

Setzungen gründen (z.B. der Annahme eines sich selbst offenbarenden Gottes <strong>im</strong><br />

Bereich der <strong>Theologie</strong>, bzw. der Annahme des Unbewussten <strong>im</strong> Bereich der<br />

Psychologie). So fällt die Entwicklung eines neuen Kontextes in zwei Phasen: in die<br />

Phase vor <strong>und</strong> in die Phase nach der axiomatischen Setzung.<br />

• Vor der axiomatischen Setzung spielen vier Evidenzquellen eine zentrale Rolle: 294<br />

a) die sinnliche Wahrnehmung: Die Sinnherstellung bedarf der Erfahrungen<br />

bzw. der Wahrnehmungen (anhand von Wahrnehmungskategorien);<br />

b) die kognitive Konstruktion: Wissenselemente werden unter den<br />

Gesichtspunkt der Koinzidenz oder der Kongruenz (Ähnlichkeit, Analogie)<br />

miteinander verknüpft.<br />

292 Vgl. LAMPE 1997, 356-361.<br />

293 Vgl. LAMPE 1999, 226.<br />

294 Vgl. LAMPE 1999, 227-228; MENDL 2005a, 182.<br />

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