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Konstruktivismus, Theologie und Wahrheit - Religionslehrer im ...

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Diskussionen aufgr<strong>und</strong> unterschiedlicher kultureller Hintergründe zustande gekommen sind. In<br />

der gesamten Kirchen- <strong>und</strong> Dogmengeschichte findet man Belege für eine kontextuelle<br />

<strong>Theologie</strong>. Der Blick in die Kirchengeschichte zeigt auch, dass in verschiedenen Situationen<br />

best<strong>im</strong>mte Themen besonders diskussionswürdig erscheinen <strong>und</strong> andere nicht. 192 Viele zentrale<br />

theologische Themen wurden <strong>und</strong> werden innerhalb der kirchlichen oder theologischen<br />

Gemeinschaften sehr unterschiedlich verstanden. Hingewiesen sei an dieser Stelle nur auf die<br />

unterschiedlichen Positionen innerhalb der Trinitätstheologie. Auch der 1993 herausgegebene<br />

Katechismus der Katholischen Kirche wird von der Kirche als Generalnorm für örtliche<br />

Katechismen angesehen, die den eigenen kulturellen Besonderheiten besonders Rechnung<br />

tragen sollen. Es ist Mendl zufolge also durchaus eine geschichtliche Dynamik festzustellen,<br />

der gegenüber „das Insistieren auf eine geoffenbarte <strong>Wahrheit</strong>, die zu vermitteln sei [...]<br />

eigentümlich statisch wirkt.“ 193 In diesem Zusammenhang gilt es ebenfalls, darauf<br />

hinzuweisen, dass schon allein das Verständnis von <strong>Theologie</strong> <strong>im</strong> Laufe der Kirchengeschichte<br />

nicht <strong>im</strong>mer gleich war, sondern eine Entsprechung einer best<strong>im</strong>mten sozialen <strong>und</strong> kulturellen<br />

Situation. Blaser führt folgende „Hauptformen der <strong>Theologie</strong>“ an: <strong>Theologie</strong> als „Variationen<br />

über einen heiligen Text“; <strong>Theologie</strong> als Weisheit (patristische <strong>und</strong> augustinische Epoche);<br />

<strong>Theologie</strong> als Wissenschaft (Mittelalter); <strong>Theologie</strong> als Praxis. 194 Vielen Autoren zufolge war<br />

der Höhepunkt des Vollzugs kontextueller <strong>Theologie</strong> schon in der Väterzeit erreicht, in der die<br />

<strong>Theologie</strong> versuchte, sich an die griechisch-römische Welt anzupassen. 195<br />

Der Dogmatiker Wolfgang Beinert schreibt, „dass jede Reflexion über das<br />

Offenbarungshandeln Gottes – sei sie existentieller, meditativer oder wissenschaftlicher Art –<br />

ihre Prägung <strong>und</strong> Eigenart aus dem Umfeld bezieht, in dem sie geschieht. Näherhin wird dieses<br />

Umfeld gebildet durch die sprachlichen, sozialen, sexuellen, geographischen, kulturellen,<br />

politischen, wirtschaftlichen, ortskirchlichen, weltanschaulichen D<strong>im</strong>ensionen, in denen das<br />

glaubende Individuum sich bewegt, die es nicht zuletzt als dieses Individuum mitgestaltet<br />

haben.“ 196 Ähnlich betont auch Blaser, dass der historische, kulturelle <strong>und</strong> politische Raum an<br />

der Konstitution von Sinn teiln<strong>im</strong>mt. Es gibt keinen „nackten“ Text, ohne dass er in einen<br />

Kontext eingebettet ist – einem Kontext, der <strong>im</strong> Verhältnis zum Text nie eindeutig, sondern<br />

auch von persönlicher Entscheidung best<strong>im</strong>mt ist. 197<br />

192 Vgl. MENDL 2005, 180.<br />

193 MENDL 2005, 181.<br />

194 Vgl. BLASER 1984, 15-16.<br />

195 Vgl. BEER 1995, 78.<br />

196 BEINERT 1998, 151.<br />

197 Vgl. BLASER 1984, 9.<br />

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