Konstruktivismus, Theologie und Wahrheit - Religionslehrer im ...
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unabhängige Gültigkeit eines Satzes ist nicht zu haben [...].“ 311 Die Vokabel Gott wird also aus<br />
dem metaphysischen in den pragmatischen Kontext <strong>im</strong>plementiert. 312<br />
Wallich geht aus von Maturanas Autopoiesis-Konzept, die seiner Ansicht nach zu<br />
f<strong>und</strong>amentaler Einsamkeit führt, welche allerdings <strong>im</strong> Bereich des menschlichen Lebens<br />
wieder transzendiert wird: durch die Sprache (die eine konsensuelle Realität herstellt), <strong>und</strong><br />
durch die Liebe. Auf diese Weise beantwortet er die Frage, wie <strong>im</strong> konstruktivistischen<br />
Denken, das den Menschen als geschlossenes System sieht, ein Zugehen auf andere denkbar<br />
ist. 313 Er stützt sich auf den Abschnitt bei Maturana, den wir weiter oben bereits zitiert haben:<br />
„Jeder Mensch steht als autopoietisches System allein auf der Welt. Wir wollen jedoch nicht<br />
beklagen, dass wir in einer subjektabhängigen Realität existieren müssen. Auf diese Weise ist das<br />
Leben interessanter, denn die eigene Transzendenz unserer individuellen Einsamkeit, die wir<br />
erfahren können, entsteht durch die konsensuelle Realität, die wir mit anderen schaffen, d.h. durch<br />
die Liebe zueinander.“ 314 Für Wallich sind diese anthropologischen Weiterführungen keine<br />
Randbemerkungen, die sich außerhalb des eigentlichen radikalkonstruktivistischen Diskurses<br />
befinden, sondern „sie beinhalten jeweils den Skopus radikalkonstruktivistischer Argumentation. Es<br />
handelt sich [...] um Ausblicke, um die Angabe von Perspektiven.“ 315<br />
Im Rahmen der vorliegenden Arbeit können wir uns leider nicht ausführlich mit Hasenhüttls<br />
Gotteslehre auseinandersetzen. Gr<strong>und</strong>sätzlich stellt sich heraus, <strong>und</strong> das versucht Wallich in<br />
seiner Dissertation ausführlich aufzuzeigen, dass es bei einem solchen Gottesbegriff, in dem –<br />
ähnlich wie es auch für den <strong>Konstruktivismus</strong> der Fall ist – der Dialog <strong>und</strong> die Liebe eine<br />
wesentliche Rolle spielen, gute Chancen für eine erfolgreiche Verknüpfung zwischen<br />
<strong>Konstruktivismus</strong> <strong>und</strong> Gotteslehre gibt. Auf beiden Seiten spielen Begriffe wie Liebe, Dialog<br />
<strong>und</strong> Intersubjektivität eine zentrale Rolle.<br />
Im Anschluss an Fresacher möchten wir Wallichs Leistung würdigen, gleichzeitig aber fragen,<br />
wieso Wallich gerade „den schmalen Grat einer an Bubers Dialogphilosophie angelehnten<br />
‚relationalen <strong>Theologie</strong>’, wie Hasenhüttl sie in den 70er Jahren vorlegte“ 316 gewählt hat. Sind<br />
311 WALLICH 1999, 34.<br />
312 Vgl. WALLICH 1999, 457. Wallich merkt an, dass von Foerster ihm in einem persönlichen Gespräch eine<br />
„<strong>im</strong>plizite <strong>Theologie</strong>“, eine „<strong>Theologie</strong> ohne Gott“ vorgeschlagen hat, mit der Begründung, dass Gott als<br />
permanente Latenz leichter anwesend sein könne als wenn sein Name explizit benutzt würde. Vgl. WALLICH<br />
1999, 28. Diese Idee erinnert auch an Dietrich Bonhoeffers Vorschlag, das Wort „Gott“ nicht mehr zu verwenden,<br />
sondern zu umschreiben, was damit gemeint ist. Vgl. WALLICH 1999, 37-38.<br />
313 Vgl. WALLICH 1999, 103; 162; 183; FRESACHER 2000, 377.<br />
314 MATURANA 1982, 271.<br />
315 WALLICH 1999, 102.<br />
316 FRESACHER 2000, 378.<br />
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