Konstruktivismus, Theologie und Wahrheit - Religionslehrer im ...
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konkreten Lebensvollzug durchaus ‚viabel’ erwiesen.“ 270 Lampe betont in diesem<br />
Zusammenhang, dass die Metaebene der konstruktivistischen Epistemologie nicht zu<br />
einer „surrectio e conditione humana“ führt. Er möchte damit sagen, dass der Mensch<br />
nicht allein von einer Metaebene bzw. einer zweiten Beobachtungsebene leben kann,<br />
sondern sozialer Realitäten der ersten Ebene bedarf: „Von konstruktivistischer<br />
Epistemologie allein kann der Mensch nicht leben.“ 271 Zur Erläuterung mögen folgende<br />
Beispiele dienen: Wer neurobiologische Hirnforschung betreibt, hört dadurch nicht auf,<br />
alltäglich zu denken. Wer Kardiologe ist, hört deshalb nicht auf, einen Blutkreislauf zu<br />
besitzen. Analog gilt für die <strong>Theologie</strong>: „Wer als Theologe konstruktivistische<br />
Epistemologie betreibt, hört deshalb nicht auf, sonntags in die Kirche zu gehen <strong>und</strong><br />
ehrlich zu glauben, wenn dies in seinem Leben sich als plausibel erwiesen hat.“ 272<br />
- Mendl zufolge steht eine solche Konzeption der <strong>Theologie</strong> als Meta-Disziplin bzw. als<br />
Beobachtungssystem zweiter Ordnung nicht <strong>im</strong> Widerspruch zum Vorrang der<br />
Weltzuwendung Gottes bzw. zum Apriori des Heilsangebotes. Lediglich wird der Blick<br />
stärker auf die Art der Rezeption der Offenbarung innerhalb der Glaubensgemeinschaft,<br />
d.h. auf die Glaubenskonstruktion gelenkt. 273 Mendl weist darauf hin, dass vor allem <strong>im</strong><br />
Bereich der Religionspädagogik die Viabilität entscheidend ist: Lernprozesse müssen<br />
funktionieren; die aktive Auseinandersetzung mit Glaubensfragen oder Sinnkonstrukten<br />
muss gelingen. Er führt ein Beispiel aus dem Bereich der Computer an: Entscheidend<br />
ist, dass die Software, die man benötigt, funktioniert; über das Betriebssystem braucht<br />
man sich in der Regel keine Gedanken zu machen. Die Rolle des Theologen ist also die<br />
des Beobachters der zweiten Ordnung: die Reflektierung der Konstruktion des<br />
Glaubens innerhalb (<strong>und</strong> außerhalb) der Kirche. 274<br />
- Auch stellt sich die Frage nach dem Stellenwert der „<strong>Wahrheit</strong>“ innerhalb einer solchen<br />
Konzeption. Oben haben wir geschrieben, dass der <strong>Wahrheit</strong>sbegriff <strong>im</strong><br />
<strong>Konstruktivismus</strong> keine zentrale Rolle spielt, gleichwohl er Schmidt zufolge noch nicht<br />
zu den erledigten Themen gehört. Ausgehen möchten wir von Jüngel, der ein durchaus<br />
originelles Verständnis von <strong>Wahrheit</strong> <strong>im</strong> theologischen Diskurs vertritt: Er setzt sich<br />
dezidiert ab von der Korrespondenz- <strong>und</strong> Kohärenztheorie <strong>und</strong> versteht <strong>Wahrheit</strong> als<br />
„Unterbrechung des Lebens“: „Gegenüber dem traditionellen Verständnis von <strong>Wahrheit</strong><br />
270 KLEIN 2003, 481.<br />
271 LAMPE 2006, 97.<br />
272 LAMPE 1998, 31.<br />
273 Vgl. MENDL 2005a, 181.<br />
274 Vgl. MENDL 2005a, 181-182.<br />
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