Konstruktivismus, Theologie und Wahrheit - Religionslehrer im ...
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2.5 Weitere Anmerkungen<br />
2.5.1 Der <strong>Konstruktivismus</strong> als komplexes Paradigma<br />
Es ist bereits angeklungen, dass der <strong>Konstruktivismus</strong> keine einheitliche Theorie ist, sondern<br />
eher ein Sammelbegriff für unterschiedliche Denkansätze. So wie es die Philosophie nicht gibt,<br />
gibt es auch den <strong>Konstruktivismus</strong> nicht. Be<strong>im</strong> <strong>Konstruktivismus</strong> handelt es sich um einen<br />
komplexen Diskussionszusammenhang, einen wissenschaftlichen Diskurs, ein<br />
interdisziplinäres Paradigma.<br />
Nur der radikalste <strong>Konstruktivismus</strong> geht von einer absoluten Strukturdeterminiertheit des<br />
Subjekts aus. Weniger radikale <strong>und</strong> weniger biologistisch ausgerichtete konstruktivistische<br />
Theorien benutzen das konstruktivistische Vokabular nicht <strong>im</strong> wörtlichen, sondern <strong>im</strong> analogen<br />
Sinn <strong>und</strong> sehen die 1:1-Übertragbarkeit biologischer Strukturen auf psychische <strong>und</strong> soziale<br />
Dispositionen als unzulässigen Paradigmenwechsel bzw. als neuronalen Reduktionismus. 84<br />
Als gemeinsamer Nenner aller Richtungen <strong>und</strong> Ausprägungen des <strong>Konstruktivismus</strong> könnte<br />
man folgende Aspekte nennen: Skepsis gegenüber ontologischen <strong>Wahrheit</strong>sansprüchen; die<br />
Überzeugung, dass die Konstruktion von Wirklichkeit wesentlich vom erkennenden Subjekt<br />
abhängig ist; der hermeneutische Verdacht gegenüber einer objektiven Erkennbarkeit von<br />
Wirklichkeit <strong>im</strong> Sinne einer 1:1-Entsprechung. 85<br />
2.5.2 Der <strong>Konstruktivismus</strong> <strong>und</strong> die Existenz einer objektiven Realität<br />
Oben haben wir erwähnt, dass Armin Kreiner betont, dass ein logisch einwandfreier<br />
Relativismus eine unwiderlegbare Position darstellt. Er unterstreicht aber ebenfalls – zu Recht<br />
– dass ein logisch einwandfrei formulierter Relativismus die Möglichkeit absoluter <strong>Wahrheit</strong><br />
auch nicht ausschließen kann. „Gilt nämlich die Aussage, dass alle <strong>Wahrheit</strong>en nur relativ<br />
gültig sind, auch nur relativ, so ist daraus zwingend die Möglichkeit nicht-relativer <strong>Wahrheit</strong><br />
abzuleiten. [...] Eo ipso muss der Relativismus, will er nicht inkonsistent erscheinen, mit der<br />
Möglichkeit absoluter <strong>Wahrheit</strong> rechnen. [...] Er kann sie nicht a priori <strong>und</strong> definitiv<br />
ausschließen.“ 86<br />
84 Vgl. MENDL 2005a, 178.<br />
85 Vgl. MENDL 2005b, 14.<br />
86 KREINER 1992, 47.<br />
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