Konstruktivismus, Theologie und Wahrheit - Religionslehrer im ...
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Anknüpfungspunkte an die <strong>Theologie</strong> nur möglich, wenn man die <strong>Theologie</strong> als relationale<br />
<strong>Theologie</strong> <strong>im</strong> Sinne Hasenhüttls versteht? Des Weiteren fällt auf, was unseres Erachtens sehr<br />
oft auf solche Promotionsarbeiten zutrifft: Neben der ausgezeichneten Darstellung des<br />
konstruktivistischen Paradigmas <strong>und</strong> etlichen Exkursen über benachbarte Theorien kommt die<br />
theologische Auseinandersetzung an sich ein wenig kurz. 317 In unseren Augen jedenfalls ist der<br />
Rekurs auf Hasenhüttls Gottesbild nicht nötig, um Anknüpfungspunkte zwischen<br />
<strong>Konstruktivismus</strong> <strong>und</strong> <strong>Theologie</strong> ausfindig zu machen.<br />
4.4 Schlussbemerkungen<br />
Die Ausgangsfrage dieses Kapitels lautete: Sind <strong>Konstruktivismus</strong> <strong>und</strong> <strong>Theologie</strong> vereinbar?<br />
Aufgr<strong>und</strong> der vorangehenden Ausführungen kann diese Frage weder mit einem einfachen Ja<br />
noch mit einem einfachen Nein beantwortet werden. Schließt man aus einer<br />
„extremkonstruktivistischen“ Position heraus die Existenz einer objektiven Realität aus,<br />
scheint es kaum Anknüpfungspunkte für die <strong>Theologie</strong> zu geben. Allerdings haben wir<br />
versucht zu unterstreichen, dass die bekannten Konstruktivisten die Existenz einer objektiven<br />
Realität, also einer Welt „an sich“ (sowie die Gültigkeit gemeinsamer Wertesystemen <strong>und</strong><br />
Glaubensüberzeugungen innerhalb einer Gesellschaft) 318 nicht ausschließen, sondern lediglich<br />
betonen, dass diese der menschlichen Kognition nicht zugänglich ist, <strong>und</strong> deshalb als<br />
Kognitionstheorie den Blick weg von ontologischen Fragen hin auf Fragen nach dem „Wie“<br />
lenken, in der Überzeugung, dass ontologische Fragen nicht beantwortet werden können. In<br />
einer solchen Betrachtungsweise gibt es durchaus interessante Anknüpfungspunkte für die<br />
<strong>Theologie</strong> – allerdings unter der Voraussetzung, dass die <strong>Theologie</strong> bereit ist, ihre Aussagen<br />
als Konstrukte zu sehen, ihre eigene Begrenztheit anzuerkennen, sich nicht auf ein<br />
offenbarungspositivistisches Akklamieren von festgelegten Satzwahrheiten zu beschränken,<br />
einen Blick in die benachbarten Disziplinen zu wagen <strong>und</strong> nicht nur auf eine idiosynkratische<br />
Weise um sich selbst zu kreisen, <strong>und</strong> gewillt zu sein, sich mit ihren „blinden Flecken“ zu<br />
befassen (z.B. mit nicht hinterfragten oder nicht hinreichend beleuchteten Metaphern). 319<br />
Natürlich gerät durch eine solche Öffnung in der <strong>Theologie</strong> so manches ins Wanken. Dennoch<br />
täte letztere gut daran, sich dem konstruktivistischen Diskurs konsequent zu öffnen, nicht<br />
zuletzt auch aus dem Gr<strong>und</strong>, dass eine solche Öffnung der <strong>Theologie</strong> einen apologetischen<br />
Dienst erweisen <strong>und</strong> ihr einen sicheren Platz <strong>im</strong> zeitgenössischen interdisziplinären<br />
317 Vgl. FRESACHER 2000, 378.<br />
318 Vgl. MENDL 2005a, 179-180.<br />
319 Vgl. WALLICH 1999, 39; 445-447; 512.<br />
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