Konstruktivismus, Theologie und Wahrheit - Religionslehrer im ...
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konstruktivistischen Konzeption. Und die bisher gemachten Erfahrungen würden durchaus auf<br />
deren Nützlichkeit hindeuten. 62<br />
Darüber hinaus ist lässt sich die oben genannte Kritik auch auf eine weniger komplizierte<br />
Weise entschärfen: Ein Konstruktivist – zumindest einer, der seine Arbeit ernst n<strong>im</strong>mt – ist<br />
sich auch der Subjektivität seiner eigenen Aussagen bewusst. Er geht vom „Missverstehen als<br />
Normalfall“ (Siebert) 63 aus. 64 Auch Armin Kreiner, der sich <strong>im</strong> Rahmen seiner Habilitation mit<br />
dem Titel „Ende der <strong>Wahrheit</strong>?“ mit dem <strong>Wahrheit</strong>sverständnis in Philosophie <strong>und</strong> <strong>Theologie</strong><br />
befasst hat, <strong>und</strong> darin für das Beibehalten eines klassischen <strong>Wahrheit</strong>sbegriffs plädiert, gesteht<br />
zu: „Die Formulierung, der Relativismus sei selbst auch nur relativ wahr, zieht [...] keinerlei<br />
offenk<strong>und</strong>ige Widersprüche nach sich. Ein Widerspruch ergäbe sich erst, wenn gleichzeitig<br />
behauptet würde, dass alle Aussagen nur relativ wahr seien, dass aber die<br />
Relativismusbehauptung selbst nicht relativ, sondern absolut gültig sei.“ 65 Dies wird <strong>im</strong><br />
Rahmen eines seriösen <strong>Konstruktivismus</strong>, wie wir bereits betont haben, nicht getan. Kreiner<br />
betont, dass der Relativismus – <strong>und</strong> das gilt dann auch für den <strong>Konstruktivismus</strong> – erst dann<br />
widerlegt werden könnte, „wenn es gelänge, ihn mit einer Aussage zu konfrontieren, die er als<br />
unabweisbar <strong>und</strong> absolut wahr anzuerkennen gezwungen wäre. [...] Solange es deshalb dem<br />
Absolutismus nicht gelingt, die Existenz einer absolut gültigen <strong>und</strong> beweisbaren <strong>Wahrheit</strong> zu<br />
demonstrieren, stellt der Relativismus, sofern er logisch einwandfrei formuliert wird, eine<br />
unwiderlegbare Position dar.“ 66<br />
2.4.2 Ist der <strong>Konstruktivismus</strong> eine solipsistische Position?<br />
Wie sieht das Verhältnis zwischen dem Ergebnis der konstruktiven Tätigkeit <strong>und</strong> der Welt an<br />
sich aus? Wenn der Konstruktivist sagt, dass die Wirklichkeit ein Konstrukt des Gehirns ist,<br />
n<strong>im</strong>mt er dann nicht eine solipsistische Position ein: Nur das existiert, was ich mir vorstelle?<br />
Nur ich existiere, alles andere ist Einbildung? Gerade hier schafft der Begriff der Viabilität<br />
unseres Erachtens aber Abhilfe: Bei der Beziehung zwischen dem Konstrukt <strong>und</strong> der Welt an<br />
sich handelt es sich um eine Beziehung des Passens. Das heißt, „dass wir in der Organisation<br />
unserer Erlebenswelt stets so vorzugehen trachten, dass das, was wir da aus Elementen der<br />
Sinneswahrnehmung <strong>und</strong> des Denkens zusammenstellen [...], so beschaffen ist, dass es <strong>im</strong><br />
62 Vgl. SCHMIDT 1987a, 39-41.<br />
63 Vgl. SIEBERT 1999, 5.<br />
64 Vgl. MENDL 2005a, 178; KREINER 1992, 46.<br />
65 KREINER 1992, 46.<br />
66 KREINER 1992, 46-47.<br />
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