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Konstruktivismus, Theologie und Wahrheit - Religionslehrer im ...

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In Bezug auf die konstruktivistische Epistemologie schreibt Schmidt: „Mit diesem<br />

erkenntnistheoretischen Ansatz unverträglich sind gewisse traditionelle philosophische Fragen<br />

nach der Objektivität unserer Erkenntnis, nach Letztbegründung, absoluter <strong>Wahrheit</strong> <strong>und</strong><br />

absoluten Werten.“ 95 Gerade aus diesem Gr<strong>und</strong> werden wir in dieser Arbeit der Frage<br />

nachgehen, inwiefern das christliche <strong>Wahrheit</strong>sverständnis mit der konstruktivistischen<br />

Epistemologie vereinbar ist.<br />

2.5.3 Der <strong>Konstruktivismus</strong> <strong>und</strong> der <strong>Wahrheit</strong>sbegriff<br />

Der <strong>Konstruktivismus</strong> spricht eher von Wirklichkeit als von <strong>Wahrheit</strong>. Tatsächlich gibt es unter<br />

den Konstruktivisten eine gewisse Abneigung gegenüber dem <strong>Wahrheit</strong>sbegriff. Ernst von<br />

Glasersfeld <strong>und</strong> Heinz von Foerster äußern sich ablehnend gegenüber einer Weiterführung der<br />

<strong>Wahrheit</strong>sfrage. Die Suche nach der <strong>Wahrheit</strong> ist in ihren Augen sinnlos. Insbesondere von<br />

Foerster will dem <strong>Wahrheit</strong>sbegriff eine Absage erteilen. Oft wird <strong>im</strong> Zusammenhang des<br />

<strong>Konstruktivismus</strong> die Entbehrlichkeit des <strong>Wahrheit</strong>sbegriffs für das wissenschaftliche Arbeiten<br />

unterstrichen. 96<br />

War der ältere konstruktivistische Diskurs an der <strong>Wahrheit</strong>sfrage also kaum interessiert, so hat<br />

in neuerer Zeit vor allem Siegfried Schmidt den Versuch einer Reformulierung des<br />

<strong>Wahrheit</strong>sbegriffs unternommen, da er der Überzeugung ist, dass der Begriff der „<strong>Wahrheit</strong>“<br />

noch nicht zu den abgehakten Themen gehört. Auch Klein ist der Auffassung: „Für<br />

wissenschaftliche Kommunikation reicht zwar der Begriff ‚Viabilität’ als Charakterisierung<br />

von Rahmenbedingung aus, bleibt aber für den konstruktivistischen Aufbau wissenschaftlicher<br />

Rationalitäten zu unspezifisch <strong>und</strong> zu vage, so dass er durch weitere Kriterien angereichert<br />

werden muss.“ 97<br />

Als „wahr“ bezeichnet Schmidt etwas, das „temporär unstrittig“ ist. 98 <strong>Wahrheit</strong> bezeichnet <strong>im</strong><br />

<strong>Konstruktivismus</strong> freilich „nicht mehr ein Projekt eines am Ende des long run stehenden<br />

Übereinst<strong>im</strong>mungsverhältnisses, sondern die Qualifizierung von Sachverhalten als (temporal)<br />

stabilisierte Eigenwerte, die weitere Kommunikations-, Operations- <strong>und</strong><br />

Interaktionsmöglichkeiten eröffnen; <strong>und</strong> zwar auf Zeit.“ 99 Daraus ergibt sich, dass die Frage,<br />

welche unserer Wirklichkeitsbeschreibungen sich am Ende als „wahr“ herausstellen wird,<br />

95 SCHMIDT 2005, 152.<br />

96 Vgl. DALFERTH/STOELLGER 2001, 48.<br />

97 KLEIN 2003, 122.<br />

98 Vgl. KLEIN 2003, 109.<br />

99 KLEIN 2003, 86.<br />

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