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Konstruktivismus, Theologie und Wahrheit - Religionslehrer im ...

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man nicht unbedingt folgern, dass, wie N. Copray behauptet, Papst Benedikt beanspruchen<br />

würde, die endgültige Autorität religiöser <strong>Wahrheit</strong> zu sein, wohl aber, dass das Christentum<br />

hier als den anderen Religionen überlegen angesehen wird <strong>und</strong> „zur wahren Religion erklärt,<br />

deren <strong>Wahrheit</strong> allein die katholische Kirche zu interpretieren, vorzuschreiben <strong>und</strong> zu<br />

repräsentieren hat.“ 152 Immerhin schreibt Papst Benedikt XVI. andererseits in seiner Botschaft<br />

zum Weltfriedenstag 2006: „Die Anmaßung, das, was man selbst für die <strong>Wahrheit</strong> hält,<br />

anderen gewaltsam aufzuzwingen, bedeutet, dass dadurch die Würde des Menschen verletzt<br />

<strong>und</strong> schließlich Gott, dessen Abbild er ist, beleidigt wird.“ 153<br />

Es scheint uns hier zunächst wichtig, darauf hinzuweisen, dass es, so wenig wie es die<br />

Philosophie gibt, die <strong>Theologie</strong> gibt. Die theologische Literatur zeichnet sich eher durch eine<br />

verwirrende Vielfalt aus. Die vertretenen Positionen weichen teilweise erheblich voneinander<br />

ab – ein Tatbestand, der allerdings nicht neu ist: <strong>Theologie</strong> war nie durch Einheitlichkeit<br />

gekennzeichnet. Die augustinische <strong>und</strong> die thomistische Tradition sind nicht ohne Weiteres<br />

vereinbar. Die f<strong>und</strong>amentaltheologischen Ansätze von K. Rahner, J. B. Metz <strong>und</strong> H. U. von<br />

Balthasar unterscheiden sich erheblich, auch wenn sie alle einen unverzichtbaren<br />

f<strong>und</strong>amentaltheologischen Beitrag geleistet haben. Der Streit <strong>im</strong> Rahmen des<br />

Dreifaltigkeitsdogmas (Vorwürfe des Tritheismus bzw. des Modalismus) ist bis heute nicht<br />

gelöst. Die heutige „offizielle“ katholische <strong>Theologie</strong>, d.h. die <strong>Theologie</strong> des katholischen<br />

Lehramtes, die sich etwa <strong>im</strong> Katechismus der Katholischen Kirche widerspiegelt, stößt in<br />

anderen Theologenkreisen nicht einhellig auf Zust<strong>im</strong>mung. So bezeichnet Hasenhüttl die<br />

„römische“ <strong>Theologie</strong> z.B. etwas polemisch als „miserable <strong>Theologie</strong> des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts“ 154 .<br />

So wenig wie es die <strong>Theologie</strong> gibt, gibt es das christliche <strong>Wahrheit</strong>sverständnis. 155 Wohl ist<br />

allen theologischen Richtungen gemein, dass sie von dem Standpunkt ausgehen, „dass es über<br />

dem Menschen, über der Geschichte, über allem menschlichen Bemühen eine absolute<br />

<strong>Wahrheit</strong> gibt“ 156 – eine Annahme, die auch vom <strong>Konstruktivismus</strong> nicht von vorneherein<br />

verworfen wird –, aber der Blick in die einschlägigen theologischen Lexika macht deutlich: Oft<br />

fehlt in der <strong>Theologie</strong> der gemeinsame Frage- <strong>und</strong> Begriffshorizont in Bezug auf <strong>Wahrheit</strong>,<br />

Wirklichkeit <strong>und</strong> Realität. Der Artikel „<strong>Wahrheit</strong>“ von Klaus Müller <strong>im</strong> Lexikon<br />

152 COPRAY 2005, 31.<br />

153 Zit. in IMPRIMATUR 2006 (siehe Lit.). Mit dieser Aussage steht Papst Benedikt in der Linie des II.<br />

Vatikanischen Konzil, das <strong>im</strong> Dekret über die Religionsfreiheit das Recht jedes Menschen auf religiöse Freiheit<br />

betont – ein Recht, das es in der unantastbaren Würde bzw. dem Wesen des Menschen selbst begründet sieht.<br />

(Dignitatis Humanae 2)<br />

154 IMPRIMATUR 2006, 20 (siehe Lit.).<br />

155 Vgl. MENDL 2005, 180.<br />

156 HROMADKA 1996, 257.<br />

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