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Konstruktivismus, Theologie und Wahrheit - Religionslehrer im ...

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2.4.3 Gibt der <strong>Konstruktivismus</strong> die Objektivität auf?<br />

Ein weiterer bekannter Einwand gegen den <strong>Konstruktivismus</strong> lautet: Der <strong>Konstruktivismus</strong><br />

gibt die „Objektivität“ auf. Hierauf kann Folgendes erwidert werden: Es ist wahr, dass der<br />

<strong>Konstruktivismus</strong> sich dezidiert absetzt von der Vorstellung, dass es nur ein wahres Wissen<br />

geben kann, bzw. dass es die Möglichkeit gibt, Objekte an sich zu erkennen, ohne dass man in<br />

den Erlebnisbereich eines erkennenden Subjekts gerät. Wissen ist für den Konstruktivisten nie<br />

Abbild oder Widerspiegelung der objektiven Wirklichkeit, sondern es handelt sich <strong>im</strong>mer nur<br />

um einen gangbaren (viablen) Weg. Das Finden eines anderen, ebenfalls befriedigenden<br />

Weges wird nicht ausgeschlossen. Deshalb gibt es für den Konstruktivisten nie eine objektiv<br />

richtige oder wahre Lösung für ein Problem oder eine objektiv richtige oder wahre Vorstellung<br />

von einem Sachverhalt. 74<br />

Dennoch will auch der Konstruktivist die Unterscheidung zwischen Illusion <strong>und</strong> Wirklichkeit,<br />

bzw. zwischen „subjektivem“ <strong>und</strong> „objektivem“ Urteil aufrechterhalten – freilich nicht durch<br />

Berufung auf eine ontologisch begründete Welt, sondern auf den Unterscheidungen aus dem<br />

Aufbau der Erlebniswelt gründend. Von Glasersfeld unterstreicht in diesem Zusammenhang<br />

die Fähigkeit des erkennenden Subjekts, den Fluss seines Erlebens zu unterbrechen <strong>und</strong> es<br />

reflektiv zu betrachten, Vergleiche anzustellen, Unterscheidungen, Invarianten <strong>und</strong><br />

Wiederholungen zu entdecken. Wiederholung ist für ihn der „gr<strong>und</strong>legende Baustein der<br />

erlebten Wirklichkeit. Je nachdem, was da als wiederholt erlebt wird, bilden sich Stufen der<br />

Wirklichkeit.“ 75 Ein auf diese Art verstandenes Wissen bietet also durchaus die Möglichkeit,<br />

zu unterscheiden zwischen „subjektiven Hirngespinsten <strong>und</strong> der objektiven Erlebniswelt der<br />

Gemeinschaft“ 76 . Die Unterscheidung zwischen Illusorischem <strong>und</strong> Wirklichem ist aber nur<br />

möglich auf dem Weg der intersubjektiven Überprüfung der individuellen Konstruktionen. In<br />

anderen Worten: Objektiv ist für den <strong>Konstruktivismus</strong> das Wissen, das sich in<br />

intersubjektiven Kontexten als viabel erweist. 77<br />

74 Vgl. VON GLASERSFELD 2005, 32.<br />

75 VON GLASERSFELD 2005, 32.<br />

76 VON GLASERSFELD 2005, 39.<br />

77 Vgl. LAMPE 1999, 225; WALLICH 1999, 242.<br />

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