Konstruktivismus, Theologie und Wahrheit - Religionslehrer im ...
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in der Religion <strong>und</strong> <strong>im</strong> Glauben überhaupt geht. 338 Bereits diesem Schreiben liegt also ein<br />
gewisses konstruktivistisches Verständnis zugr<strong>und</strong>e. Auch in den Luxemburger<br />
Sek<strong>und</strong>arschulen der Religionsunterricht konstruktivistisch ausgerichtet. Die Schüler sollen,<br />
entgegen dem was verschiedene – von den <strong>Religionslehrer</strong>n selbst als unangebracht<br />
empf<strong>und</strong>enen – Bezeichnungen für das Fach es vermuten lassen („Instruction religieuse“,<br />
„Doctrine chrétienne“), nicht unterwiesen oder gar indoktriniert werden, sondern vielmehr<br />
dazu befähigt werden, sich ihren eigenen Standpunkt in allgemein ethischen <strong>und</strong> speziell<br />
religiösen Fragen zu konstruieren (wobei sich die Frage nach der Viabilität natürlich dennoch<br />
stellt) 339 . In einem noch nicht veröffentlichten Textentwurf der Luxemburger<br />
<strong>Religionslehrer</strong>konferenz <strong>und</strong> der beiden Programmkommissionen für das Fach „Instruction<br />
religieuse et morale“ <strong>im</strong> Hinblick auf die Endfassung des Sozialwortes der Katholischen<br />
Kirche von Luxemburg, in dem auch zu schulischen Fragen Stellung genommen werden soll,<br />
heißt es diesbezüglich:<br />
„Der Religionsunterricht thematisiert, reflektiert <strong>und</strong> problematisiert die Werte, die in der jüdischchristlichen<br />
Tradition verankert sind <strong>und</strong> unsere Kultur <strong>und</strong> unser Gemeinwesen tief <strong>und</strong> nachhaltig<br />
geprägt haben <strong>und</strong> noch prägen. Der Religionsunterricht bietet dem Schüler die Möglichkeit, die<br />
individuellen Lebenserfahrungen <strong>und</strong> Existenzfragen mit den Sinnangeboten verschiedener Kulturen,<br />
Religionen <strong>und</strong> Weltanschauungen zu konfrontieren, um sich eine eigene Überzeugung in spirituellen<br />
<strong>und</strong> moralischen Fragen zu bilden.<br />
In einer globalisierten Welt ist der Dialog der Religionen <strong>und</strong> Kulturen notwendig, sinn- <strong>und</strong><br />
friedensstiftend. Dazu bedarf es neben notwendigem Wissen von eignen <strong>und</strong> fremden religiösen<br />
Traditionen <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>lagen auch dem Erlernen der Grammatik <strong>und</strong> Symbolik der religiösen<br />
Sprache(n).<br />
Die Wissensvermittlung bleibt demnach auch weiterhin für den Religionsunterricht von Wichtigkeit,<br />
aber es soll nicht bei der Weitergabe von Erlerntem bleiben. Angesichts der Komplexität des Lebens,<br />
der Gesellschaft <strong>und</strong> der Geschichte bemüht sich der Religionsunterricht bei den Jugendlichen <strong>und</strong><br />
jungen Erwachsenen eine eigenständige Identität <strong>und</strong> einen Sinn für Selbst- <strong>und</strong> Mitverantwortung zu<br />
entwickeln.“ 340<br />
338 Der Unterschied zwischen Katechese <strong>und</strong> schulischem Religionsunterricht könnte man unseres Erachtens so<br />
definieren, dass die Katechese als pr<strong>im</strong>äres Ziel die Glaubensunterweisung <strong>und</strong> Glaubensvertiefung hat, während<br />
der schulische Religionsunterricht die autonome Konstruktion der Religiosität <strong>und</strong> Spiritualität anvisiert. Aus<br />
diesem Gr<strong>und</strong> gehört die Katechese in die Gemeindearbeit, nicht aber in die Schule. Vgl. DILLEN/POLLEFEYT<br />
2005, 262.<br />
339 Das konstruierte Wissen würden wir als viabel bezeichnen, wenn es das Subjekt, d.h. den Schüler<br />
handlungsfähig macht.<br />
340 Dieser Text ist (noch) nicht veröffentlicht, wird aber mit der Erlaubnis der Autoren zitiert, da er eine gute<br />
Zusammenfassung verschiedener Positionsbest<strong>im</strong>mungen der letzten Jahre darstellt.<br />
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