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Konstruktivismus, Theologie und Wahrheit - Religionslehrer im ...

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Seelsorger keinen Einfluss darauf hat, was ausgehend von diesen Anstößen konstruiert wird.<br />

Wichtig ist für die Po<strong>im</strong>enik <strong>im</strong> Allgemeinen <strong>und</strong> für den einzelnen Seelsorger <strong>im</strong> Besonderen,<br />

dass man zu verstehen versucht, „wie andere Menschen Religiosität <strong>und</strong> Möglichkeiten ihrer<br />

Daseinsbewältigung zu konstruieren suchen“ 333 , bzw. wie sie <strong>im</strong> Rahmen ihrer Konstruktion<br />

von Welt auch „das was sie unbedingt angeht“ (Tillich) konstruieren. Wenn zum Beispiel ein<br />

Mensch fragt: Wie kann Gott dieses Leid, das mir gerade widerfahren ist, zulassen?, gilt es sich<br />

die Frage zu stellen: Wie sieht der Glaube oder der Lebenssinn dieses Menschen aus, dass er<br />

sich die Frage so stellt? Oder in Begriffen des <strong>Konstruktivismus</strong> gesprochen: Welche<br />

Konstruktionen hat dieses Subjekt in Bezug auf Gott <strong>im</strong> Kopf, dass er seinen Glauben so <strong>und</strong><br />

nicht anders erlebt? 334 Er muss dabei wissen: „Wenn alles Erkennen Konstruktion ist, sind<br />

einander widersprechende Ansichten zunächst einmal gleichberechtigt.“ 335<br />

5.3 Konsequenzen für die Religionspädagogik<br />

Welche Folgen ergeben sich aus einem konstruktivistischen Denkmodell für einen<br />

konstruktivistisch ausgerichteten Religionsunterricht? Dieser Frage soll in diesem Kapitel<br />

nachgegangen werden. Dazu sei sogleich angemerkt, dass viele der folgenden Ausführungen<br />

nicht nur auf den Religionsunterricht, sondern auf viele anderen Fächer zutreffen <strong>und</strong><br />

anzuwenden sind. Wir möchten unser Interesse aber trotzdem spezifisch auf den<br />

Religionsunterricht richten.<br />

Wenn der Mensch, so wie der <strong>Konstruktivismus</strong> es behauptet, ein strukturdeterminiertes<br />

Wesen ist <strong>und</strong> ein Konstrukteur von Wirklichkeit ist, dem der Zugang zur objektiven Realität<br />

unmöglich ist, führt das auch <strong>im</strong> Bereich der Schule zu erheblichen Konsequenzen, ja zu einem<br />

regelrechten Paradigmenwechsel, stellt es doch den Nutzen des nach wie vor sehr verbreiteten<br />

Instruktivismus / Instruktionismus (manchmal etwas abschätzend als „Frontalpädagogik“<br />

bezeichnet) sowie die bisherige Lehrer- <strong>und</strong> Schülerrolle gr<strong>und</strong>sätzlich in Frage. Wenn der<br />

<strong>Konstruktivismus</strong> recht hat, bedeutet das für den Lehrer, dass er seinen Unterricht verstärkt<br />

„konstruktivistisch“ <strong>und</strong> weniger „instruktivistisch“ gestalten soll. Das bedeutet, dass er sich<br />

nicht mehr vorrangig als Wissensvermittler gemäß dem Sender-Empfänger-Modell betrachten<br />

soll: Der Lehrer ist der Wissende <strong>und</strong> der Schüler der Unwissende, deshalb vermittelt der<br />

Lehrer als Sender Wissen, während der Schüler als Empfänger dieses Wissen passiv aufn<strong>im</strong>mt.<br />

Aus konstruktivistischer Sicht darf das Lernen nicht als passiver oder rezeptiver Vorgang,<br />

333 AMMERMANN 2000, 345.<br />

334 Vgl. AMMERMANN 2000, 346.<br />

335 WALLICH 1999, 216.<br />

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