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Konstruktivismus, Theologie und Wahrheit - Religionslehrer im ...

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sondern als aktiver, konstruktionaler Prozess verstanden werden. Deshalb kommt es<br />

wesentlich darauf an, dass der Lehrer dem Schüler hilft, sich sein Wissen <strong>und</strong> seinen<br />

Standpunkt selber zu konstruieren, damit er es nicht nur „anlernt“, sondern es versteht <strong>und</strong><br />

nachvollziehen kann. Der Schüler soll dazu befähigt werden, denken zu lernen bzw. lernen zu<br />

lernen. Der Lehrende soll bei diesen gesamten Prozessen eine unterstützende <strong>und</strong> motivierende<br />

Funktion haben. Deshalb tritt an die Stelle der Weitergabe von Wissen die Eröffnung von<br />

Lernprozessen. Damit der Lernende sich sein Wissen konstruieren kann, müssen ihm vom<br />

Lehrer entsprechende Möglichkeiten eröffnet werden. Den Lernprozess an sich aber steuert der<br />

Lernende selbst. Weil der Lernende das Wissen selbst konstruiert, geht man davon aus, dass<br />

dieses Wissen dauerhaft bei ihm gespeichert wird <strong>und</strong> er besser in der Lage ist, dieses Wissen<br />

auf andere Situationen anzuwenden <strong>und</strong> seine Erfahrungen adaptiv zu nutzen. Be<strong>im</strong> Lernen<br />

<strong>und</strong> Lehren ist also nicht die Übertragung vorgegebenen Wissens, sondern die Förderung des<br />

Konstruktionsprozesses das Wesentliche. Gr<strong>und</strong>lage dieser Theorie ist die Überzeugung, dass<br />

der Lernende <strong>im</strong> Lernprozess, der durch einen Austausch zwischen dem Vorwissen <strong>und</strong> der<br />

neuen Information gekennzeichnet ist, eine individuelle Repräsentation der Welt schafft. Folge<br />

dieser Konzeption ist, dass Lernprozesse nicht völlig vorhersehbar sind, weil ihr Verlauf von<br />

individuellen Konstruktionen geprägt ist. Vereinfacht ausgedrückt: Das Lernen geschieht<br />

individuell. 336 So verarbeitet zum Beispiel nicht jeder Schüler eine Tafelanschrift oder einen<br />

ergebnissichernden Hefteintrag gleich. Für den Lehrer bedeutet dies, dass er nicht mehr so sehr<br />

als Wissensvermittler betrachtet werden darf, sondern eher die Rolle des Beobachters <strong>und</strong><br />

darüber hinaus des „Moderators“, des „Arrangeurs“, des Beraters, des Mentors, des<br />

„Anregers“, des Helfers übern<strong>im</strong>mt. In der Fachliteratur findet man überdies manchmal die<br />

Bezeichnung „Hintergr<strong>und</strong>lehrer“. Es sei angemerkt, dass diese Art des Unterrichts für den<br />

Schüler anspruchsvoller ist als „Frontalunterricht“, weil die Ebene der reinen<br />

Wissensvermittlung <strong>und</strong> -aufnahme überschritten wird <strong>und</strong> vom Schüler Transferleistungen,<br />

selbstständiges Denken <strong>und</strong> eigene Produktionen gefordert werden.<br />

Für den Religionsunterricht haben diese Einsichten Konsequenzen in methodischer <strong>und</strong> in<br />

inhaltlicher Hinsicht:<br />

Ein konstruktivistischer Religionsunterricht muss methodisch vielfältig <strong>und</strong> variationsreich<br />

sein, damit individuelle Lernlandschaften gefördert werden <strong>und</strong> so dem individuellen<br />

336 Individuell heißt auch hier nicht individualistisch! Wenn betont wird, dass das Lernen individuell geschieht,<br />

bedeutet das nicht, dass Lernen ein individualistischer Prozess ist. Die konstruktivistischen Lerntheorien betonen<br />

die Rolle des sozialen Kontext, insbesondere der schulischen Gruppe, in der man durch aktive Interaktion bzw.<br />

Kommunikation lernt. Vgl. DILLEN/POLLEFEYT 2005, 264.<br />

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